Göttingen (dpa)
Inzidenz, Übersterblichkeit, Positivrate: In der Corona-Pandemie wird ständig mit Statistiken argumentiert. Dabei sind die Daten lange nicht so gut wie sie sein könnten, kritisieren Experten. Auch der Datenschutz müsse auf den Prüfstand.
Mehr als ein Dutzend wissenschaftliche Fachgesellschaften fordern ein besseres Daten-Management in der Corona-Pandemie. „Statistiken und statistische Modelle tragen maßgeblich zur politischen Entscheidungsfindung in Pandemien bei“, heißt es in einem Positionspapier der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Statistik (DAGStat). Dafür brauche man „eine nationale Strategie und systematische Sammlung von Daten“. Beides gebe es bisher nicht.
An dem Papier haben unter anderem Vertreter von zehn Universitäten und dem Statistischen Bundesamt mitgearbeitet. „Nur mit wissenschaftlichen Auswertungen, die unabhängig sind und auf einer sehr breiten Grundlage basieren, können für die Politik die notwendigen Entscheidungshilfen in kürzester Zeit zur Verfügung gestellt werden“, sagt DAGStat-Vorsitzender Tim Friede (Universität Göttingen).
Um politische Maßnahmen zu rechtfertigen, „spielt die Qualität der Daten eine entscheidende Rolle“, heißt es in dem Papier. Ohne sie könnten „die Grenzen zwischen Informieren und Überzeugen nicht immer klar gezogen wurden“: Für die einen Wissenschaftler rechtfertigten die Zahlen zu Neuinfektionen, Übersterblichkeit und der Belegung von Intensivbetten die Anti-Corona-Maßnahmen. „Andere haben die gleichen Daten so interpretiert, dass aus ihrer Sicht weniger strikte Maßnahmen notwendig sind.“
Defizite gebe es etwa bei der Vergleichbarkeit: Die Infektionszahlen etwa hängen nach Darstellung der Statistiker „stark von der Verfügbarkeit von Tests, der Qualität der Tests und der Teststrategie ab“. Besser wäre es, „regelmäßige Tests in gut definierten Zufallsstichproben durchzuführen, um das Infektionsgeschehen richtiger abbilden zu können“.
Ein weiteres Problem sei der Datenschutz. Um etwa zu verstehen, welche Gruppen einem höheren Risiko ausgesetzt sind, müsse man individuelle Merkmale erheben. Das aber scheitere oft an den hohen Anforderungen an den Datenschutz. „Für die Zukunft wünscht man sich im Sinne eines schnelleren und sicheren Erkenntnisgewinns jedoch bessere und einfachere Zugangsmöglichkeiten“, heißt es in der Stellungnahme.