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WIE VERRÜCKT IST DAS? HALBMARATHON IN DER DICKEN LUFT VON NEU DELHI

In der indischen Hauptstadt Neu Delhi ist die Luft gerade so dreckig, dass Ärzte abraten, draußen Sport zu treiben. Trotzdem findet ein Halbmarathon statt. Auch Hobbyläuferin Nathalie Gminder ist am Start - bis vor kurzem fand sie die diese Idee selbst noch verrückt.

Neu Delhi (dpa)

In der indischen Hauptstadt Neu Delhi ist die Luft gerade so dreckig, dass Ärzte abraten, draußen Sport zu treiben. Trotzdem findet ein Halbmarathon statt. Auch Hobbyläuferin Nathalie Gminder ist am Start - bis vor kurzem fand sie die diese Idee selbst noch verrückt.

Beim Start dröhnt laute Hindi-Musik aus Lautsprecherboxen - fast wie bei einem Bollywood-Film. Der Himmel ist grau, man riecht Rauch. Mehr als 40 000 Menschen machen sich bereit. Vor einem halben Jahr hat Nathalie Gminder diese Idee selbst noch verrückt gefunden. Aber am Sonntagmorgen tut sie es trotzdem - sie rennt einen Halbmarathon in Neu Delhi - einer der Städte mit der höchsten Luftverschmutzung der Welt.

Gerade ist die Luft besonders schlecht. Messstation zeigen, dass mehr als zehn Mal so viele kleine PM2,5-Partikel rumfliegen, wie es die Weltgesundheitsorganisation für sicher einstuft. Aber Gminder, die in Reutlingen bei Stuttgart aufgewachsen ist, findet: „Ich möchte einfach sehen, ob ich es schaffen kann. Aber klar, meine Familie und Freunde halten mich für verrückt, bei dieser Luft zu laufen.“

Die 35-Jährige arbeitet seit dem Frühling in der deutschen Botschaft in Neu Delhi als Referentin in der Wirtschaftsabteilung. In ihrer Freizeit läuft sie gerne - auch draußen. Zuerst fiel ihr das Training in Indien schwer. „Ich musste wieder bei Null anfangen“, sagte die Hobbyläuferin. „Aber man gewöhnt sich dran. Man kommt einfach schneller außer Atem.“ Für die 21 Kilometer beim Halbmarathon in Neu Delhi benötigt die Hobbyläuferin am Sonntag dann 2 Stunden 32 Minuten - etwa 20 Minuten mehr als bei ihrem ersten Halbmarathon vergangenes Jahr in Köln.

Die Luft in Neu Delhi ist in dieser Jahreszeit stets besonders schlecht. Viele Bauern verbrennen Erntereste, um ihre Felder frei zu kriegen. Dazu kommen Abgase von vielen Autos, der Industrie und Staub von Baustellen. Ärzte raten deshalb vor Sport im Freien ab. Denn die mikroskopisch kleinen Partikel dringen tief in die Lunge ein und können das Risiko von Atemwegskrankheiten, Krebs oder Herzprobleme erhöhen. Beim Laufen nimmt man generell mehr Partikel auf.

Diesem Problem sind sich auch die Veranstalter bewusst. So sprayten sie ein Gemisch aus Wasser und Chemikalien auf die Rennstrecke, die dort Staubpartikel am Hochfliegen hindern sollen. Außerdem entfernten sie nach eigenen Angaben mit Wifi-Wellen kleine Partikel aus der Luft - die Wellen sollten die Partikel dazu bringen, häufiger zusammenzustoßen, schwerer zu werden und dann runterzufallen. Ob dies wirklich effektiv ist? Experten wie der Klimaforscher Professor Jayaraman Srinivasan vom Indian Institute of Science und Christian Plass-Dülmer vom Deutschen Wetterdienst bezweifeln das. Fundierte Studien gebe es nicht.

Nathalie Gminder ist froh, den Halbmarathon geschafft zu haben. Aber wiederholen möchte sie so etwas nicht gleich wieder. Zunächst einmal möchte sie mit Freunden ein Bierchen trinken und in ihrer Wohnung ausruhen. Dort entfernen wie in den Häusern vieler ausländischer Experten Luftreiniger-Maschinen die winzigen schädlichen Partikel aus der Luft. Ihr ist bewusst, dass es ihr damit besser geht als vielen Indern, die ihr Leben lang der hohen Luftverschmutzung ausgesetzt sind. „Hier hört man die Menschen oft husten.“ Ab und zu gerät aber auch sie außer Atem, etwa wenn sie die Treppe zu ihrer Wohnung im zweiten Stock hochsteigt.

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