Hamburg (dpa)
Tausende haben Verteidigungsministerin von der Leyen ihre Hilfe für Ebola-Patienten angeboten. Eine Auswahl der Freiwilligen wird auf den strapaziösen Einsatz in Westafrika vorbereitet. Die Kurse der Bundeswehr dafür starten voraussichtlich noch im Oktober in Hamburg.
Die Gefahr lauert beim Ausziehen der Schutzkleidung. "Das ist der kritische Punkt. Beim Ausziehen darf man nicht mit der eigenen Haut an den Schutzanzug kommen", erläutert Bundeswehr-Ärztin Dorothea Wiemer. Dann bestünde das Risiko, sich mit darauf noch lauernden Erregern selbst zu infizieren. "Ein bis zehn Ebola-Viren reichen für eine Infektion aus."
Die Fachärztin für Tropenmedizin und Infektiologie am Bundeswehrkrankenhaus Hamburg überwacht an diesem Nachmittag eine reguläre Weiterbildung von OP-Schwestern, Krankenpflegern und Sanitätskräften. Das Training wird für Menschen angeboten, die auch außerhalb der aktuellen Ebola-Epidemie in ihrer Arbeit mit hochinfektiösen Erregern in Berührung kommen können - in Deutschland sowie im Ausland. Solch eine Schulung werden auch die freiwilligen Helfer erhalten, die sich zu einem Einsatz im Ebola-Gebiet Westafrikas gemeldet haben. Sie sollen voraussichtlich vom 20. Oktober an in Hamburg dafür geschult werden. Der "Barrier Nursing Course" gehört zum normalen Ausbildungsspektrum des Fachbereichs.
"Die Schutzbrille lässt Du beim nächsten Mal liegen. Du hilfst nicht mit beim Recycling", mahnt die Ärztin Oberfeldwebel Dustin Opitz (23) aus Leer. Gerade hat ihn sein "Buddy", sein Partner, dekontaminiert, Opitz noch im gelben Schutzanzug mit Desinfektionsmittel von allen Seiten abgespritzt und abgerieben. "Das Ebola-Virus kann man wunderbar desinfizieren. Es kaputtzumachen ist nicht das Problem, sondern dass man alle Viren erwischt", erläutert die Ärztin. Sie hatte jüngst mit dem ersten eingeflogenen Ebola-Patienten in Hamburg, ein Arzt aus dem Senegal, zu tun. Er konnte nach fünfwöchiger Behandlung gesund entlassen werden.
Behutsam schneidet Gesundheitsaufseher Jürgen Protzek den gelben Schutzanzug seines Partners auf, die Lebensversicherung gegen feindliche Viren. Opitz schält sich aus seiner zweiten Haut. "Erst die Brille, dann der Mundschutz, dann die Handschuhe von innen nach außen." Gänzlich fällt die Schutzhülle von Opitz ab, seine OP-Bekleidung darunter ist nach gut zwei Stunden durchgeschwitzt.
Jetzt noch die nackten Hände vorsichtshalber desinfizieren.
An diesem Dienstagnachmittag haben die Kursteilnehmer im Hamburger Bernhard-Nocht-Institut, wo die Abteilung Tropenmedizin des Bundeswehrkrankenhauses beheimatet ist, in voller Montur verschiedene Handhabungen geprobt. Kanüle anlegen, intubieren, Herz-Lungen-Massage zur Wiederbelebung - mehrere Ausbilder beobachten, was die Teilnehmer in ihrer "Ein-Mann-Sauna" (Wiemer) hochkonzentriert leisten. Wer in einem blauen Schutzanzug mit Gebläse steckt - eine High-Tech-Variante für den klinischen Gebrauch - wird zur regelmäßigen Kontrolle des Geräte-Akkus gemahnt.
Bei heißen Temperaturen wie in Westafrika könne eine Stunde im gelben Anzug, der aus Kunststoff besteht, gearbeitet werden, sagt Wiemer.
Arbeit an Schwerstkranken sei physisch wie psychisch sehr anstrengend. "Das geht an niemandem spurlos vorüber", sagt die Medizinerin und weiß zugleich: "Wir dürfen nicht den Zustand der Müdigkeit und Erschöpfung erreichen." Denn wenn Aufmerksamkeit und Konzentration nachlassen, steigt das Fehlerrisiko. "Besonders beim Ausziehen", bekräftigt Wiemer. "Bei Ebola sind kleine Fehler unverzeihlich."
Fachleute schließen daher nicht aus, dass sich die an Ebola erkrankte Madrider Pflegehelferin beim Entkleiden nach der Arbeit am Schwerkranken infiziert haben könnte. Gleichzeitig beteuert die Hamburger Medizinerin wie zuvor schon andere, dass diese Krankheit erst ansteckend werde, wenn ein Betroffener Symptome wie Fieber, Durchfall und Erbrechen bekommt.
Wie viele Freiwillige demnächst für Westafrika geschult werden, ist noch offen. Die Anzahl der Bundeswehr-Betten für die Patienten dort werde ausschlaggebend für die Zahl der Einsatzkräfte sein, sagt Wiemer. Zunächst rechnet sie mit zwei Kursen pro Woche je 20 Teilnehmer. Neben der medizinischen Weiterbildung gehören auch Länderkunde, rechtliche und psychologische Aspekte, ein Sicherheitstraining und eben der lebenswichtige Umgang mit der Schutzausrüstung zum Vorbereitungsprogramm.
Wenn die Freiwilligen in Hamburg loslegen, wird Protzek vom Sanitätskommando in Diez (Rheinland-Pfalz) bereits im Bundeswehr-Lazarett im afrikanischen Mali sein, dass an das von Ebola betroffene Guinea angrenzt. Hygiene, Prophylaxe und Malaria-Überwachung zählt dort zu den Aufgaben des Gesundheitsaufsehers. Sein Beruf hat ihn schon nach Afghanistan, Namibia und Kambodscha gebracht. Ernstlich krank sei er nie gewesen, sagt Protzek. "Ich habe Glück gehabt." Oder einen Schutzengel.