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TAUSENDE PATIENTEN OPFER VON BEHANDLUNGSFEHLERN - HOHE DUNKELZIFFER

Zu spät erkannte Darmverletzungen, unerkannte Malaria: Im Medizinbetrieb werden Patienten regelmäßig Opfer von folgenschweren Fehlern. Über das genaue Ausmaß gibt es nur Schätzungen.

Berlin (dpa)

Zu spät erkannte Darmverletzungen, unerkannte Malaria: Im Medizinbetrieb werden Patienten regelmäßig Opfer von folgenschweren Fehlern. Über das genaue Ausmaß gibt es nur Schätzungen.

Mehr Patienten als nötig werden aus Expertensicht in Deutschland Opfer ärztlicher Behandlungsfehler. „Es gibt zu viele Fälle, und es gibt Instrumente dagegen, die wir anwenden können“, sagte der Geschäftsführer des Aktionsbündnisses Patientensicherheit, Hardy Müller, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Neue Zahlen stellt die Bundesärztekammer an diesem Mittwoch vor. Präsentiert wird, wie viele Fälle von Fehlerverdacht die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärzteschaft im vergangenen Jahr untersuchten - und wie oft sie hierbei tatsächlich einen Fehler feststellten.

Müller betonte, dass diese Statistik keine Auskunft über den Stand der Patientensicherheit in Deutschland gebe. Die Zahlen zeigten vielmehr, in welchen Fällen Patienten am ehesten einen Fehler vermuteten und nach welchen Behandlungen sie sich am häufigsten auch tatsächlich beschweren.

Laut der bisher jüngsten Fehlerstatistik der Ärzteschaft trafen deren Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen 2016 bundesweit 7639 Entscheidungen zu mutmaßlichen Behandlungsfehlern. Sie stellten dabei in 2245 Fällen einen Behandlungsfehler fest. In 1845 dieser Fälle war ein solcher Fehler Ursache für einen Gesundheitsschaden. Dazu kamen 15 094 Gutachten der Medizinischen Dienste der Krankenkassen zu vermuteten Behandlungsfehlern. Hier wurde in knapp jedem vierten Fall der Fehler bestätigt.

Wie viele Patienten sich direkt an Gerichte, Anwälte oder Versicherungen wenden, ist unbekannt. In der Vergangenheit schätzten die Ärzte die Zahl der Beschwerden auf 40 000 pro Jahr insgesamt.

Vermeidbare Fehler und Probleme bei Behandlungen gebe es aber weit öfter, sagte Müller. Schätzungen zufolge endeten rund 0,1 Prozent der Behandlungen in einem Krankenhaus vermeidbar tödlich. Das entspricht rund 20 000 Todesfällen. Das sei eine weit größere Zahl als die offiziell - etwa von Gerichten - festgestellten vermeidbaren Todesfälle durch Behandlungsfehler. Wichtig sei, dass alle Beteiligten die Sicherheitskultur weiterentwickeln und Fehler vermeiden. Ein Streit über Zahlen helfe da nicht weiter, mahnte Müller.

Beispiele für Behandlungsfehler veröffentlicht zum Beispiel die norddeutsche Schlichtungsstelle der Ärzteschaft. So ging ein 22-jähriger, kranker Mann nach einem Madagaskar-Urlaub mit Malaria-Verdacht zum Hausarzt. Dieser leitete laut Schlichtungsstelle aber nicht die für einen Akutfall geeigneten Diagnose- und Therapieschritte ein. Der junge Mann ging nach drei Tagen auf eigene Faust in eine Tropenklinik und wurde erst dort richtig behandelt.

In einem anderen Fall kam ein 39-Jähriger mit einer Stichverletzung nach einem Streit ins Krankenhaus. Trotz akuter Behandlung und Untersuchung des Bauchs durch kleine Öffnungen der Bauchdecke sowie durch Ultraschall wurden Dick- und Dünndarm-Verletzungen zunächst nicht erkannt. Folge: Der Mann musste 18 Folge-Operationen über sich ergehen lassen und zwei Monate in der Klinik bleiben, davon zwei Drittel auf der Intensivstation mit einem Luftröhrenschnitt zur Dauerbeatmung.

Laut der vor einem Jahr veröffentlichten Fehlerstatistik der Ärzteschaft waren die häufigsten Diagnosen, die zu Vorwürfen führten, Knie- und Hüftgelenkarthrosen sowie Unterschenkel- und Sprunggelenkbrüche.

 

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