Berlin (dpa)
Was tun gegen drohende Altersarmut? Die Sozialministerin will eine Haltelinie beim Rentenniveau. Eine wirtschaftsnahe Initiative warnt: Auch ohne so eine Reform geraten die Finanzen der öffentlichen Haushalte aus den Fugen.
Die Alterung der Bevölkerung in Deutschland lässt die Zahl der Empfänger staatlicher oder sozialer Leistungen in den kommenden Jahrzehnten laut einer neuen Studie stark steigen. Die Zahl derer, die über Sozialabgaben oder Steuern zur Finanzierung beitragen, sinkt dagegen. Dies geht aus der Erhebung des Instituts Prognos hervor, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt.
In Auftrag gegeben hatte sie die arbeitgebernahe Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Vor allem die Rentenkasse hat demnach längerfristig einen großen Finanzbedarf.
Laut Studie ist derzeit die Gruppe der Nettozahler mit 56 Prozent noch in der Mehrheit. Doch ab 2020 gehen die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer verstärkt in Rente. Gleichzeitig wachsen immer weniger Junge in die mittlere Altersgruppe nach. Im Jahr 2040 gehören laut der Studie folglich nur noch 49 Prozent der Bevölkerung zu den Nettozahlern. Dann stehen laut der Erhebung 38,2 Millionen Nettozahler 41 Millionen Nettoempfängern gegenüber - derzeit sind es noch mehr Zahler.
Diese Entwicklung hat Folgen für die öffentlichen Haushalte, insbesondere für die Rentenkassen. Je nach Szenario droht 2040 laut Studie Bund, Ländern, Kommunen und Sozialkassen ein Finanzdefizit in zwei- bis dreistelliger Milliardenhöhe. Abhängig ist das demnach vor allem von den Sozialbeiträgen.
Würde es keine höheren Beitragssätze und Steuern geben als heute, ergäbe sich durch die demografische Entwicklung beim Defizit der Haushalte demnach ein Wert von 144 Milliarden Euro im Jahr 2040. Allein zur Finanzierung der gesetzlichen Rente fehlten dann 83 Milliarden Euro.
Würden die Sozialbeiträge für Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung aber von derzeit knapp 40 auf knapp 50 Prozent im Jahr 2040 steigen, hätten die öffentlichen Haushalte nur ein Minus von 24 Milliarden Euro. Dies würde aber eine entsprechende Mehrbelastung der privaten Haushalte und Unternehmen bedeuten.
INSM-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr mahnte, angesichts dieser Szenarien führten die in der Koalition diskutierten Reformen wie ein höheres Rentenniveau, eine Angleichung der Ost-Renten oder zusätzliche Ausgaben für die Mütterrente in die falsche Richtung.
Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) hatte angekündigt, im November ein Konzept für die Rente vorzulegen, in dem auch eine „Haltelinie“ fürs sinkende Rentenniveau definiert sein soll.