Berlin (dpa)
Pflegerinnen und Pfleger werden in vielen Heimen in Deutschland akut gesucht - doch sie fehlen auf dem hiesigen Arbeitsmarkt schon jetzt. Die Regierung will daher Zuwanderungs-Hemmnisse beiseite räumen.
Im Kampf gegen die Personalnot in der Pflege sollen auch mehr Fachkräfte aus dem Ausland helfen. Doch bisher ist es oft sehr kompliziert, sie nach Deutschland zu lotsen. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will sich deswegen um Erleichterungen für wichtige Herkunftsländer kümmern - nach einer eigenen Reise ins Kosovo führt seine Parlamentarische Staatssekretärin Sabine Weiss (CDU) bis diesen Dienstag Gespräche auf den Philippinen. Aus Sicht von Pflegeanbietern und der Gewerkschaft Verdi sind auch Verbesserungen im Inland nötig, damit zugewanderte Fachkräfte gewonnen werden und gut zurechtkommen.
Weiss sagte der Deutschen Presse-Agentur zu ihrer Reise, die Kooperation solle beiden Seiten helfen. „Uns, weil wir dadurch Antworten auf den Fachkräftemangel in der Pflege finden. Aber auch den Philippinen, weil sie dadurch ihrer jungen Generation mehr attraktive Arbeits- und Fortbildungsmöglichkeiten anbieten können.“ Am Montag wollte Weiss im Goethe-Institut in der Hauptstadt Manila deutschen Sprachunterricht für philippinische Pflegekräfte besuchen.
Am Dienstag sind Gespräche mit dem Arbeitsminister und Vertretern einer internationalen Arbeitsvermittlungsagentur geplant.
Die Bemühungen stehen im Zusammenhang mit einem Maßnahmenpaket, das die Regierung im Juni mit vielen Branchenakteuren vereinbart hat. Dazu gehören im Inland bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und mehr Ausbildung. Ergänzend dazu soll die Rekrutierung aus dem Ausland angekurbelt werden. In der Alten- und Krankenpflege arbeiten rund 1,6 Millionen Menschen, fast 40 000 Stellen sind aber unbesetzt. Laut einer von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie ist die Zahl der aus dem Ausland kommenden Pflegefachkräfte gestiegen: Von 1500 im Jahr 2012 auf 8800 im Jahr 2017. Sie stammen zum Großteil aus ost- und südeuropäischen Nicht-EU-Staaten.
Auch die Philippinen sind laut Ministerium ein „Hauptherkunftsland“ für gut ausgebildete Pflegekräfte. Im ersten Halbjahr 2019 seien dort mehr als 25 000 Ausreiseanträge genehmigt worden, knapp 1500 Menschen kommen demnach nach Deutschland. Altenpflege-Anbieter dringen aber seit längerem auf Verbesserungen. „Es muss Schluss sein damit, dass auf den Philippinen hervorragend ausgebildete Fachkräfte auf gepackten Koffern sitzen, wir hier großen Bedarf haben, aber die Leute wegen bürokratischer Hürden nicht nach Deutschland bekommen“, kritisierte kürzlich der private Arbeitgeberverband Pflege (AGVP).
Bisher müssen Interessenten zum Beispiel allein schon sechs Monate warten, um in der Botschaft in Manila überhaupt einen Termin fürs Beantragen eines Visa-Verfahrens zu bekommen. In diesem Sommer soll daher auch schon Personal in der Botschaft aufgestockt werden, wie das Ministerium erläuterte. Stärker angesetzt werden soll etwa auch bei einer besseren Vorbereitung der Fachkräfte noch in den Heimatländern.
Patientenschützer sehen die Erfolgschancen der Bemühungen mit den Philippinen skeptisch, die es so ähnlich schon seit 2013 gebe. Die Probleme seien weiter die gleichen, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, der dpa - die deutsche Sprache und unattraktive Arbeitsplätze hierzulande. „Zuerst gilt es also die Hausaufgaben zu machen, bevor international auf Werbetour gegangen wird“, mahnte Brysch.
Auch private Pflege-Anbieter fordern Erleichterungen im Inland. So solle es statt des aktuellen „Wusts“ an Anerkennungsstellen für ausländische Gesundheitsberufe nur noch eine pro Bundesland geben. Für die Integration ausländischer Kräfte solle es eine finanzielle Förderung geben. Auf eine bessere Eingliederung dringt auch schon seit längerem die Gewerkschaft Verdi. Beschäftigte, die aus ihren Heimatländern andere fachliche Erfahrungen mitbrächten, müssten etwa systematisch und mit ausreichend Zeit eingearbeitet werden.
Staatssekretärin Weiss sagte, sie könne sich gut vorstellen, dass sich philippinische Kräfte hervorragend integrierten. Die kulturelle Nähe durch die christliche Religion, aber auch die Offenheit und Freundlichkeit der Menschen seien gute Voraussetzungen dafür. Die CDU-Politikerin hat Kontakte in das Land - unter anderem vertrat sie als Anwältin drei junge Mädchen und rief ein Hilfsprojekt ins Leben.
Das Ministerium betont, beim Rekrutieren fördere man generell nur Zuwanderung aus Ländern mit einem Fachkräfteüberschuss wie den Philippinen - um nicht anderswo neuen Personalmangel zu erzeugen.