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Sehprobleme, steife Gelenke, oft müde: Tausende Kinder haben Rheuma

Saras Gelenke sind immer wieder dick, steif und tun weh - sie hat Rheuma. Dabei ist sie nicht 70, sondern 12. Noch vor 20 Jahren landeten viele Kinder undiagnostiziert im Rollstuhl. Und heute?

Berlin (dpa)

Sara springt auf einem Trampolin in ihrem Garten, spreizt in der Luft die Beine zu einem Spagat und ballt ihre Hände wie eine Cheerleaderin zu Fäusten. Die 12-Jährige ist zierlich, trägt eine Brille, hat langes welliges Haar und das Cheerleading ist ihre Leidenschaft. „Ich liebe Sport“, sagt sie. Dass sie so aktiv sein kann, hat sie der modernen Medizin zu verdanken. Denn sie hat Rheuma.

„Als Sara ungefähr sechs Monate alt war, ist sie mir beim Wickeln so komisch abgerutscht und dann hatte sie einen dicken Finger“, erinnert sich Saras Mutter Manizha Wodud, die in Berlin wohnt. Das sind damals die ersten Rheuma-Anzeichen, doch der Kinderarzt sei nicht sofort darauf gekommen. „Sechs Wochen lang war ihr Finger dick.“ Erst Monate und einige Ärzte später bekommt die Familie die Diagnose: Juvenile idiopathische Arthritis (JIA) - eine Form des Kinderrheuma.

Kinderrheuma: Zahlen und Fakten

Das Kinderrheuma ist eine chronische Autoimmunerkrankung. Das Immunsystem greift also den eigenen Körper an. Das verursacht Entzündungen meistens an Gelenken, die in Schüben auftreten. Daneben können auch Knochen, Muskeln und Augen betroffen sein. Heilbar ist Rheuma nicht, aber mit gezielten Therapien lassen sich die Symptome oftmals gut behandeln.

„Die JIA macht den Löwenanteil unter den rheumatischen Erkrankungen bei Kindern aus“, sagt der Kinderrheumatologe Daniel Haselbusch vom Helios Klinikum in Berlin-Buch vor dem Welt-Rheumatag am 12. Oktober.

Zu den klassischen Rheuma-Formen bei Kindern gehören außerdem Kollagenosen (Bindegewebserkrankungen), Vaskulitiden (chronische Gefäßentzündungen) sowie die Gruppe der autoinflammatorischen Erkrankungen (periodische Fiebersyndrome), wie Kirsten Minden von der Charité Universitätsmedizin in Berlin sagt.

Wie viele Kinder und Jugendliche insgesamt in Deutschland an Rheuma erkrankt sind, lasse sich nur schwer sagen, weil es dafür keine Meldepflicht gebe, sagt Minden. Im Hinblick auf vorliegende Abrechnungsdaten und bevölkerungsbezogene Studien wird davon ausgegangen, dass hierzulande etwa 14 000 betroffen seien. „Bei rund 1500 Heranwachsenden wird jedes Jahr eine JIA neu diagnostiziert.“

Der Unterschied zwischen Erwachsenen und Kindern

Gelenkrheuma im Kindesalter weise Gemeinsamkeiten, aber auch erhebliche Unterschiede zu der Krankheit im Erwachsenenalter auf, sagt Minden. Beispielsweise sei es bei Kindern deutlich schwieriger zu erkennen. „Für keine der Rheumaformen bei Kindern gibt es einen diagnoseweisenden Marker“, erklärt die Charité-Ärztin.

Symptome seien bei Kindern häufig viel unauffälliger, sagt auch Haselbusch. Dazu gehören ständige Müdigkeit, die Kinder können zudem gereizt oder unkonzentriert sein.

Sara hat als Baby auch sehr viel geweint, wie ihre Mutter erzählt. „Immer als ich ihr Söckchen angezogen habe, hat sie so geschrien. Ich dachte, sie ist einfach ein Schrei-Kind und empfindlich.“

Die Geschichte von Familie Wodud

Manizha Wodud arbeitet in Vollzeit und erzieht Sara und ihre 14-jährige Schwester allein. Sie erinnert sich an schwierige Phasen: „Es gab eine Zeit, da musste die Große ihre Hausaufgaben bei Ärzten im Wartezimmer machen.“ Einmal habe sich ein Schub stark auf Saras Augen ausgewirkt. „Da saß meine Mutter vor der Kita, weil ich arbeiten war und Sara stündlich Augentropfen bekommen musste.“

Rund 15 Prozent der Kinder mit einer JIA entwickeln Haselbusch zufolge eine Augenentzündung. „Die ist insofern tückisch, als dass die nicht von außen sichtbar ist.“ Die Kinder haben kein gerötetes Auge oder Schmerzen und seien meistens zu jung, um gut zu kommunizieren, dass etwas nicht stimme.

Wie oft Schübe vorkommen, lasse sich nicht richtig beziffern, sagt Haselbusch. „Es gibt Kinder, die zwei Jahre keinen Schub haben und es gibt Kinder, die haben alle zwei Monate einen. Das sollte nicht sein, weil dann klar ist, dass die Therapie nicht intensiv genug ist.“

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