Mainz (dpa)
Der Psychiater und Wissenschaftler Klaus Lieb sieht Nachbesserungsbedarf für ein gesundes Umfeld am Arbeitsplatz. „Man sollte mehr fördern, dass die Leute ihren Job, ihr Handeln als wirksam erleben“, sagte der Geschäftsführer des Leibniz-Instituts für Resilienzforschung (LIR) der Deutschen Presse-Agentur. „Dass sie Kontrolle darüber haben und merken, dass sie diejenigen sind, die etwas vorantreiben.“ Dazu gehöre es, Verantwortung zu übertragen „und das Potenzial, das in jedem steckt, zum Leben zu erwecken“.
„Wenn eine günstige Arbeitsumgebung existiert, können Leute auch gesünder sein, sie können Selbstbestimmtheit und Selbstwirksamkeit erleben und sozialen Zusammenhalt“, sagte der Fachmann. Man müsse „den Leuten aber auch mal sagen, wenn es nicht geht, übertragen wir Euch andere Aufgaben“.
Beim Abgeben von Aufgaben spiele in den Teams und Führungsebenen „der Glaube an den anderen“ eine wichtige Rolle, sagte Lieb, der auch Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz ist. „Die meisten Menschen können mehr als sie glauben. Sie können auch resilienter sein als sie glauben. Es wird ihnen oft eingeredet, dass sie etwas nicht können.“ Resilienz steht für die psychische Widerstandsfähigkeit und die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und für die Entwicklung zu nutzen.
„Menschen mit niedriger Resilienz sind häufig die, die das ganze Leben gehört haben, Du kannst nichts, Du bist nichts, Du kannst mit den Dingen nicht umgehen“, sagte der Experte. „Wenn Leute da sind, die sagen, ich glaube an Dich oder ich übertrage Dir eine Aufgabe, dann erlebt man oft Entwicklungen, über die man sich nur wundern kann.“