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PHARMAFIRMEN ZAHLEN HUNDERTE MILLIONEN FÜR ÄRZTE UND STUDIEN

Die jahrelangen Korruptionsvorwürfe gegen die Pharmaindustrie zeigen Wirkung. Sie geht in die Transparenzoffensive. Ist dies nur eine Flucht nach vorne? Oder doch eine ernst gemeinte neue Kultur?

Berlin (dpa)

Die jahrelangen Korruptionsvorwürfe gegen die Pharmaindustrie zeigen Wirkung. Sie geht in die Transparenzoffensive. Ist dies nur eine Flucht nach vorne? Oder doch eine ernst gemeinte neue Kultur?

54 der großen Pharmafirmen in Deutschland haben 2015 mehr als eine halbe Milliarde Euro an Ärzte, Apotheker oder medizinische Einrichtungen bezahlt. Von den insgesamt 575 Millionen Euro flossen 366 Millionen für klinische Studien und umstrittene Anwendungsbeobachtungen, wie die Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie (FSA) sowie der Verband der Forschenden Pharmaunternehmen (vfa) am Montag in Berlin mitteilten.

Gerade bei Anwendungsbeobachtungen von Arzneimitteln an Patienten im Alltag wurde immer wieder der Verdacht der Korruption laut. Nach Ansicht von Kritikern dienen diese allein dazu, dass Ärzte ein bestimmtes Arzneimittel bevorzugt verschreiben. Die Pharmaindustrie sieht in der Erprobung der Arzneimittel im Alltag einen wichtigen Forschungsbestandteil.

Weitere 119 Millionen gingen den Angaben zufolge an Ärzte, Apotheker und andere Fachangehörige für Vortragshonorare und Fortbildungen, 90 Millionen Euro an medizinische Organisationen und Einrichtungen für Sponsoring von Veranstaltungen, Spenden und Stiftungen.

Mitte April hatte der Bundestag ein Gesetz gegen Korruption im Gesundheitswesen verabschiedet, mit dem der Forderung nach mehr Transparenz auf dem Arzneimittel- und Medizinproduktemarkt Nachdruck verliehen werden soll.

Die 54 Unternehmen wollen nun auf freiwilliger Basis im Rahmen eines Transparenzkodexes bis Ende Juni erstmals solche Leistungen an Ärzte und medizinische Einrichtungen offenlegen. Diese Offenlegung soll künftig jährlich erfolgen. Unter den 54 Unternehmen sind alle 45 Mitglieder des vfa.

Soweit es der Datenschutz erlaubt, machen die Unternehmen auch Leistungen an einzelne Ärzte nachvollziehbar. Einer Veröffentlichung muss aber jeder einzelne Arzt zustimmen. Nach Einschätzung von FSA und vfa sind derzeit etwa ein Drittel der Ärzte bereit, diese Zuwendungen offenzulegen. Viele warteten aber ab, wie die Öffentlichkeit auf die Transparenzinitiative reagiere. Man stehe erst am Beginn einer "neuen Kultur" in dem Bereich.

"Wir wollen die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Ärzten besser erklären." Das werde die Akzeptanz in der Öffentlichkeit und bei Patienten erhöhen, erklärte vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer.

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sprach von einer "guten Initiative, Licht in die Zahlungen der Pharmaindustrie an Dritte zu bringen. Es fehlt allerdings noch, dass der einzelne Patient nachvollziehen kann, an welchen Arzt wie viel Geld geflossen ist", sagte der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz, der dpa.

Ähnlich argumentierte die Deutsche Stiftung Patientenschutz. Ärzte dürften sich immer noch hinter dem Datenschutz verstecken. "Deshalb ist der Gesetzgeber gefordert, diesen Namenlosen endlich ein Gesicht zu geben", erklärte Stiftungsvorstand Eugen Brysch.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Links-Fraktion, Kathrin Vogler, kritisierte: "Was die Arzneimittelindustrie als Selbstkontrolle ihrer Einflussnahme auf Ärztinnen und Ärzte verkaufen will, ist eher eine große Imagekampagne."

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