Innsbruck/Wien (dpa)
Laut österreichischen Behörden ist es bereits in mehreren Fällen nach der Anwendung von gefälschten Diabetes-Medikamenten zu gesundheitsgefährdenden Situationen gekommen. Diese hätten „ohne sofortige ärztliche Behandlung zum Tode“ führen können, berichtete das Bundeskriminalamt am Montag in Wien. Zuvor war nur ein Fall einer 31-jährigen Frau aus Salzburg bekannt, die eine mutmaßliche Fälschung des Produktes „Ozempic“ verwendet hatte und danach mit schweren Nebenwirkungen in einem Krankenhaus behandelt werden musste. Ihren Anwälten zufolge hatte die Frau das Mittel als Abnehm-Medizin von einem Salzburger Schönheitschirurgen bezogen.
„Ozempic“ ist zur Behandlung von Diabetes zugelassen, aber derzeit auch als Diätmittel sehr begehrt. Nach Angaben des österreichischen Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) nutzen Kriminelle die aktuellen Engpässe im Angebot aus, um mit Fälschungen Geld zu machen. Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) in Amsterdam hatte vorige Woche gewarnt, dass in der Europäischen Union und Großbritannien gefälschte „Ozempic“-Diabetes-Pens aufgetaucht seien. Die Spritzhilfen mit Labels in deutscher Sprache stammten demnach von Großhändlern in Österreich und Deutschland.
Das Bundeskriminalamt in Wien wies auf Unterschiede zwischen Fälschung und Original hin: Die falschen Spritzhilfen sind demnach von einem dunkleren Blau und haben ein völlig durchsichtiges statt grau umkleidetes Sichtfenster. Bei der Fälschung ist der Einstellring für die Dosierung ausfahrbar, beim Original nicht. Die falschen Nadeln sind vier Millimeter lang, die echten sechs Millimeter.
Das österreichische Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) berichtete am Montag, dass bereits mehrere Patienten im Krankenhaus behandelt werden mussten. Vermutlich enthalte das gefälschte Mittel Insulin anstelle des Wirkstoffs Semaglutid, hieß es.
Laut Bundeskriminalamt haben die bislang von Nebenwirkungen betroffenen Personen in Österreich die gefälschten Produkte von einem Arzt in Österreich bezogen. Die Fälle wurden einer bestimmten Produktionscharge zugeordnet. Die Ermittler warnten, dass noch weitere Spritzen aus derselben Charge im Umlauf oder bei anderen Ärzten vorrätig sein könnten.
Die 31-Jährige aus Salzburg ist laut ihren Anwälten nur leicht übergewichtig und keine Diabetikerin. Sie habe das Mittel „Ozempic“ seit Jahresbeginn drei Mal von dem Salzburger Arzt erhalten. Beim vierten Mal sei ihr offenbar eine gefälschte Version verkauft worden, sagte Lisa Holzmann von der Kanzlei Dr. Hermann Holzmann in Innsbruck.
Die junge Frau verbrachte eine Nacht im Krankenhaus. „Es hätte auch ganz anders ausgehen können, nämlich mit dem Tod“, sagte Holzmann der Deutschen Presse-Agentur. Die Juristin stellte zivil- und strafrechtliche Schritte gegen den Arzt und seinen Lieferanten in Aussicht. Bei dem Lieferanten handle es sich nicht um eine Apotheke, sagte sie, ohne weitere Details zu nennen.