Berlin (dpa)
Zu viel süße Brause wie Cola und Limonade gilt nicht nur bei Kindern als eine Ursache für Übergewicht. Die britische Regierung will mit einem Preisaufschlag gegensteuern - ein Modell auch für Deutschland?
Bundesernährungsminister Christian Schmidt (CSU) hält nichts von einer Extra-Steuer auf zuckerhaltige Getränke, wie sie Großbritannien im Kampf gegen Übergewicht plant. Die Einführung von Abgaben auf Lebensmittel, die in einer ausgewogenen Ernährung nur in Maßen verzehrt werden sollten, sei nicht zielführend, sagte ein Ministeriumssprecher der Deutschen Presse-Agentur. Erfahrungen in anderen EU-Ländern zeigten, dass dies in aller Regel nicht die gewünschte Lenkungswirkung habe. Zudem wäre damit ein hoher Verwaltungs- und Kontrollaufwand verbunden.
Die britische Regierung hatte Mitte März eine Steuer für Unternehmen angekündigt, die zuckerhaltige Softdrinks herstellen oder importieren. Die Abgabe soll rund 660 Millionen Euro einbringen, die in die Förderung des Grundschulsports fließen sollen. Geplant sind zwei Stufen: Eine für Getränke ab fünf Gramm Zucker pro 100 Milliliter, eine für mehr als acht Gramm. Reine Fruchtsäfte, Getränke auf Milchbasis und sehr kleine Unternehmen sind ausgenommen. Eine Frist von zwei Jahren bis zum Inkrafttreten soll Unternehmen Zeit geben, den Zuckergehalt von Produkten zu senken.
In Deutschland wird seit längerem über ähnliche Steuern diskutiert.
Die Getränkeindustrie sprach sich mit Blick auf den neuen britischen Vorstoß dagegen aus. „Eine Softdrink-Steuer macht nicht schlank oder gesund, sondern ist Symbolpolitik“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke, Detlef Groß, der dpa. „Übergewicht ist ein komplexes Phänomen, für das es keine Zauberlösung gibt.“ Dieser Herausforderung sei nicht mit einer Steuer auf eine einzelne Produktkategorie zu begegnen. Für Verbraucher gebe es zudem eine breite Auswahl an Getränken - mit und ohne Zucker.
Für höhere Steuern auf stark zucker-, fett- oder salzhaltige Produkte machen sich dagegen seit längerem Gesundheitsorganisationen stark. So hatte die Deutsche Diabetes Gesellschaft vorgeschlagen, auf besonders kalorienreiche Lebensmittel den vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent zu erheben statt des reduzierten von sieben Prozent. Auch in anderen Ländern gibt es Vorstöße. Bulgarien diskutiert über Pläne für eine Steuer auf besonders salzige oder süße Lebensmittel. Dänemark schaffte eine Extra-Steuer auf fetthaltige Produkte aber wieder ab.
Das Bundesernährungsministerium betonte: „Ziel ist es, die Menschen von einem gesunden Lebensstil zu überzeugen und nicht durch „Strafabgaben“ oder gesetzliche Verbote zu einem anderen Verhalten zu zwingen.“ Der Schlüssel dazu liege in der Ernährungskompetenz, die mit Aufklärung und Informationen schon in der Kindheit gefördert werden solle. Resortchef Schmidt setzt sich unter anderem bei den zuständigen Ländern für ein eigenes Schulfach ein.
Die Bundesregierung will in diesem Jahr auch ein Konzept entwickeln, wie Zucker, Salz und Fette in Fertigprodukten reduziert werden können. Als Forschungsförderung sind zwei Millionen Euro vorgesehen.
Orientieren will sich das Ernährungsministerium an Empfehlungen auf EU-Ebene. Demnach solle der Zuckeranteil auf Ebene des einzelnen Produkts innerhalb von fünf Jahren um mindestens zehn Prozent gesenkt werden. Derzeit würden in Deutschland bis zu 25 Prozent des täglichen Energiebedarfs durch Zucker gedeckt. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) seien nicht mehr als zehn Prozent empfehlenswert.