Fulda (dpa)
Nach der Geburt eines der weltweit jüngsten Frühchen hat eine wissenschaftliche Fachgesellschaft vor einem zweifelhaften Wettbewerb von Medizinern und Kliniken gewarnt. „Ich halte nichts von der Diskussion um Rekord-Frühchen“, sagte die Präsidentin der Gesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin, Ursula Felderhoff-Müser, auf Anfrage. Die Professorin am Uni-Klinikum Essen erklärte: „Die Leistung ist nicht nur, dass die extrem unreif geborenen Kinder überleben, sondern auch wie danach die Lebensqualität ist. Bei vielen sehr jungen Frühchen werden erst im Laufe der Zeit die Folgeschäden sichtbar. Es sollte kein Wettlauf entstehen, wer die jüngsten Frühchen überleben lässt.“
Das Klinikum Fulda berichtete am Donnerstag im Detail, wie Ärzte der kleinen Melina nach einer Not-Geburt daheim das Leben retteten. Das Mädchen kam am 5. März 2019 nach der extrem kurzen Schwangerschaft von 21 Wochen und vier Tagen zur Welt - normal sind 40 Wochen. Es gilt damit nach Angaben des Klinikums neben einem Frühchen, das 2014 in den USA entbunden wurde, als jüngstes Frühchen der Welt. Vor kurzem wurde Melina nach gut 13 Monaten im Krankenhaus entlassen.
Der Vorstandssprecher des Klinikums Fulda, Thomas Menzel, sagte, es gehe nicht um einen Wettkampf oder eine Tabelle, wer das jüngste Frühchen behandelt habe. Der Leiter der Fuldaer Kinderklinik, Reinald Repp, betonte, man habe nicht gewusst, wie alt die Kinder waren, als sie mit dem Notarztwagen eingeliefert wurden. Melinas Zwillingsbruder starb noch am ersten Tag. Mit Blick auf die Behandlungserfolge der vergangenen Jahre hätten sie im Klinikum aber Zuversicht gehabt Melina zu behandeln: „Wir versuchen, die medizinischen Möglichkeiten mit dem Mut, sich zum Leben zu bekennen, zu verbinden.“