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LETZTER ABVERKAUF: SCHOCKBILDER NUN AUF ALLEN TABAKSCHACHTELN

Sie sollen vor allem junge Menschen vom Rauchen abhalten - Gruselfotos und große Warnhinweise auf Zigarettenschachteln. Die sind seit einem Jahr Pflicht. Alte Verpackungen durften aber noch verkauft werden. Die Politik plant nun weitere Verschärfungen.

Berlin (dpa)

Sie sollen vor allem junge Menschen vom Rauchen abhalten - Gruselfotos und große Warnhinweise auf Zigarettenschachteln. Die sind seit einem Jahr Pflicht. Alte Verpackungen durften aber noch verkauft werden. Die Politik plant nun weitere Verschärfungen.

Der 19. Mai gehört in der Tabakwirtschaft nicht unbedingt zu den Jubeltagen. Vor drei Jahren trat die EU-Tabakrichtlinie in Kraft, die zwei Jahre später dann auch in Deutschland umgesetzt wurde. Seit dem 19. Mai 2016 mussten sich Raucher daher hierzulande daran gewöhnen, dass Zigaretten- und Tabakschachteln mit großen Schockbildern und Warnhinweisen versehen werden. An diesem Freitag folgt der nächste Schritt: Dann läuft die Frist aus, in der die letzten Alt-Verpackungen noch ohne Gruselfotos im Handel geduldet wurden. Doch damit nicht genug. Jetzt soll es auch der Tabak-Automatenbranche an den Kragen gehen.

Noch gibt es sie, Schachteln im alten Design ganz ohne großflächige Bilder von faulenden Raucherbeinen, schwarzen Zahnstümpfen oder zerfressenen Lungen. Es sind letzte Auslaufmodelle, die noch schnell massenweise nach den alten Regeln gedruckt worden waren. Nach Darstellung der Zigarettenindustrie haben die großen Hersteller bekannter Marken ihre Produktion längst umgestellt. Es seien eher kleinere Hersteller, die die Abverkaufsfrist noch genutzt hätten.

Der Streit zwischen Tabakbranche und Politik ist damit aber nicht beendet. Der Deutsche Zigarettenverband beklagte schon vor Inkrafttreten der schärferen Regeln eine Benachteiligung gegenüber Konkurrenten. Vor allem in den osteuropäischen Nachbarländern hätten Hersteller mehr Zeit für die Umstellung erhalten, sagt Geschäftsführer Jan Mücke. In einigen EU-Ländern gebe es nach wie vor keine Schockbilder, teils gebe es nicht mal das Gesetz dazu.

„Deutschland ist mal wieder der Musterknabe gewesen“, sagt Mücke. Durch die aus Sicht der Branche zu kurze Frist für die Umrüstung der Maschinen seien kleinere Unternehmen in existenzielle Nöte geraten. Ein Verfahren sei noch beim Bundesverfassungsgericht anhängig.

Von der Wirksamkeit der Schockbilder ist Zigaretten-Lobbyist Mücke ohnehin nicht überzeugt: „Sie zeigen so gut wie keine Wirkung.“ Einen leichten Rückgang des Tabakkonsums habe es schon davor gegeben. Genaues könne man aber erst sagen, wenn die Abverkaufsfrist ausgelaufen ist - und auch in anderen EU-Ländern die Vorgaben umgesetzt sind. Schon jetzt sei aber eine Zunahme der nicht in Deutschland versteuerten Zigaretten zu beobachten - insbesondere in Grenzregionen zu Polen. In Berlin werde mittlerweile gut die Hälfte der gerauchten Zigaretten nicht hierzulande versteuert und komme aus dem Ausland.

Unruhe herrscht beim Bundesverband Deutscher Tabakwaren-Großhändler und Automatenaufsteller (BDTA). Auslöser ist die „Zweite Verordnung zur Änderung der Tabakerzeugnisverordnung“. Hinter dem sperrigen Namen verbergen sich neue Vorgaben, die letztlich dazu führen könnten, dass Zigarettenautomaten im herkömmlichen Design bald ausgedient haben. Es geht darum, dass die großen Warnhinweise und abschreckenden Fotos auf den Schachteln auch beim Verkauf nicht verdeckt sein dürfen - etwa durch geschickt platzierte Vorsteck-Karten in Verkaufsregalen. Und auch nicht in Automaten.

Weshalb die Politik Druck macht. Die Warnhinweise dürften „zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens nicht teilweise oder vollständig verdeckt werden“, heißt es beim Bundeslandwirtschaftsministerium, das an einer Ministerverordnung sitzt und auf einen Vorstoß der Bundesländer verweist. Die vom Bundesrat beschlossene Ergänzung diene der Klarstellung.

Im Länderkammer-Beschluss vom 12. Mai heißt es: „Eine Verdeckung der „Schockbilder“ durch die Händler im Vorfeld des Kaufs hat somit zu unterbleiben - nicht nur bei einem Angebot im Tabakwarenregal, sondern auch im Fall des Anbietens von Tabakerzeugnissen in Automaten.“ Im Klartext: Automaten müssen das sichtbar machen, sonst sind sie nicht mehr „verkehrsfähig“.

Wie das umgesetzt werden soll, darüber rätselt die Branche, die nach eigenen Angaben noch 330 000 Zigarettenautomaten betreibt. Diese spielen vor allem in kleineren Städten und auf dem Land noch eine Rolle, wo es kaum Spätverkaufsstellen oder nur wenig Rund-um-die-Uhr-Tankstellen gibt. Von 75,02 Milliarden Fabrikzigaretten mit einem Umsatz von 20,521 Milliarden Euro seien 2016 gerade noch gut 11 Prozent über Automaten abgesetzt worden, heißt es. Auch diesmal wird um Übergangsfristen gestritten.

Dafür kann die Branche an anderer Stelle weiter auf Entwarnung hoffen. Das ab 2020 geplante und vom Kabinett beschlossene Tabakwerbeverbot von Verbraucherschutzminister Christian Schmidt (CSU) dürfte nach Widerstand auch aus der CDU/CSU kaum noch in dieser Wahlperiode vom Bundestag beschlossen werden. Zu groß scheint die Sorge, dass ein Werbungsverbot für ein legales Produkt größere Kreise zieht: Es könnten Verbote für Süßwaren und Getränke folgen.

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