Berlin (dpa)
Vor den ersten Beratungen der Gesundheitsminister von Bund und Ländern über die Krankenhausreform hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) mehr Mittel als derzeit vorgesehen gefordert. Die von einer Expertenkommission erstellten Reformpläne basierten auf einer „falschen Grundprämisse“, sagte DKG-Vorstandsvorsitzender Gerald Gaß dem Nachrichtenportal t-online. „Die Reform soll nach Vorstellung der Kommission die aktuellen Mittel nur umverteilen.“ Der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigte Vorrang der Medizin vor der Ökonomie bleibe bislang ein leeres Versprechen, sagte Gaß.
Der ökonomische Druck, der auf den Krankenhäusern laste, sei gewaltig. 60 Prozent der Krankenhäuser erwarteten für das Jahr 2022 „zum Teil tiefrote Zahlen“. Auch 2023 würden die Kosten der Häuser „doppelt so schnell steigen“ wie die staatlich festgelegten Preise. Er warnte, dass das Klinik-Sterben „in diesem Jahr voraussichtlich einen neuen Höhepunkt erreichen“ werde.
Nach den Vorschlägen der Regierungskommission zur Krankenhausversorgung sollen die Kliniken statt nur über Fallpauschalen künftig nach drei neuen Kriterien honoriert werden: Vorhalteleistungen, Versorgungsstufen und Leistungsgruppen. Unter anderem sollen für das Vorhalten von Personal, einer Notaufnahme oder notwendiger Medizintechnik feste Beträge fließen.
Anders als heute sollen Krankenhäuser zudem in drei Level eingeordnet und entsprechend gefördert werden. So soll es Kliniken zur Grundversorgung geben - zum Beispiel für grundlegende chirurgische Eingriffe und Notfälle. Andere Häuser sollen sich um die „Regel- und Schwerpunktversorgung“ kümmern. Unikliniken sollen einer dritten Gruppe zugeordnet werden, den Kliniken für die „Maximalversorgung“. Die Gesundheitsminister wollen am Donnerstag über die geplante Reform beraten.
Patientenschützer forderten vor den Beratungen mehr Rücksichtnahme auf die Regionen. „Große Krankenhäuser in Ballungszentren setzen sich durch. Kleine Krankenhäuser auf dem Land bleiben auf der Strecke. Viel zu oft haben Bund und Länder diesem Spiel freien Lauf gelassen. Das Ausbluten der medizinischen Versorgung in der Region gilt es durch eine Krankenhausreform zu verhindern“, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, der „Rheinischen Post“ (Mittwoch). Der Fokus müsse endlich auf den Patienten liegen, die geplanten Vorhaltekosten und Investitionen hätten diesem Ziel zu folgen. „Gerade im ländlichen Raum brauchen die Menschen passgenaue Angebote bei Schlaganfall, Herzinfarkt, Krebs-Therapie und Altersmedizin. Das wird ohne Zweifel Geld kosten.“
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek fürchtet bei der Krankenhausreform um die Kompetenzen der Länder. „Es kann nicht riskiert werden, dass durch zentralistische Planung von heute auf morgen bedarfsgerechte Versorgungsstrukturen zerstört werden“, sagte der CSU-Politiker. Notwendige Versorger in der Fläche müssten erhalten bleiben. Die Änderung des Fallpauschalen-Systems sei grundsätzlich richtig. Aber das Konzept der Reformkommission riskiere mit detaillierten Vorgaben massive Fehlsteuerungen und gefährde Versorgungsstrukturen vor Ort, sagte Holetschek. Für die Krankenhausplanung seien laut Grundgesetz die Länder zuständig.
Zugleich forderte der bayerische Minister vom Bund, die Kliniken bei den Betriebskosten mit jährlich 15 Milliarden Euro zu unterstützen. Eine zukunftsfähige Krankenhausversorgung werde nicht durch reine Umverteilung gelingen: „Der Krankenhausbereich muss mit zusätzlichem Geld ausgestattet werden.“