Berlin (dpa)
Zu viele Barrieren, zu geringe Leistungen, zu wenig Wahlrecht - mit einer großen Reform sollen Menschen mit Behinderung bessergestellt werden. Das Kanzleramt gibt den Weg für den umfassenden Entwurf frei.
Nach jahrelangen Vorbereitungen will die Bundesregierung die Lebensbedingungen für Millionen Menschen mit Behinderung in Deutschland spürbar verbessern. Mit dem Bundesteilhabegesetz werden umfassende Reformpläne auf den Weg gebracht. Entsprechende Informationen wurden der Deutschen Presse-Agentur (dpa) aus Regierungskreisen bestätigt. Das Bundeskanzleramt gab demnach am Montag grünes Licht für die Ressortabstimmung des Gesetzentwurfs.
Diese Abstimmung zwischen den Ministerien ist der erste Schritt, bevor ein Gesetzentwurf ins Bundeskabinett und das parlamentarische Verfahren kommt. Geplant sind finanzielle und zahlreiche andere Verbesserungen. Nach der Abstimmung zwischen den Bundesministerien solle der Entwurf noch vor der Sommerpause ins Bundeskabinett kommen, hieß es.
„Heute haben wir überall Mängel bei einer ziel- und passgenauen Versorgung“, sagte Bundestagsvizepräsidentin Ulla Schmidt (SPD) der dpa. Die frühere Gesundheitsministerin ist auch Vorsitzende der Lebenshilfe, einer Vereinigung für Menschen mit geistiger Behinderung. „In vielen Bereichen muss etwas getan werden.“ Die geplante Reform sei „das große Gesetz“, das einem bereits vor Jahren begonnenen Paradigmenwechsel von der Fürsorge zur Teilhabe neuen Schub geben solle. Endlich könne Deutschland bei der Umsetzung der einschlägigen Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen vorankommen.
Nach dem der dpa vorliegenden Gesetzentwurf ist geplant, dass Menschen mit Behinderung, die Eingliederungshilfe bekommen, deutlich mehr Vermögen behalten können. „Heute darf man nur 2600 Euro besitzen, alles andere wird angerechnet“, erläuterte Schmidt. Die Leistungen für Betroffene sollen verbessert, die Bereitstellung weniger kompliziert werden. Der Schritt von Menschen mit Behinderung von speziellen Werkstätten auf den regulären Arbeitsmarkt soll erleichtert werden.
Laut dem der dpa vorliegenden Entwurf sind ab 2017 steigende Mehrkosten für den Bund von bis zu 693 Millionen Euro im Jahr 2020 vorgesehen. Auf Länder und Gemeinden sollen in den kommenden vier Jahren Mehrkosten zwischen 30 und 154 Millionen Euro pro Jahr entfallen. Das letzte Wort zu den finanziellen Fragen ist noch nicht gesprochen. Bevor der Entwurf ins Kabinett kommt, will die Koalition noch einmal darüber sprechen.
Die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Ulrike Mascher, sagte der dpa: „Es müssen die finanziellen Mittel für notwendige Leistungsverbesserungen bereitgestellt werden.“
Je nach dem wo die Menschen wohnen, bekämen sie heute mehr oder weniger Leistungen, kritisierte Schmidt. Das stehe einheitlichen Lebensverhältnissen entgegen. „Deutschland ist auch nicht erfolgreich genug bei Barrierefreiheit, etwa der Verbreitung leichter Sprache.“