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Gestresste Begleiter - Blinde beklagen schlechte Hundeausbildung

Hund statt Stock: Für viele Blinde ist ein Führhund der optimale Gefährte im Straßenverkehr. Doch nur, wenn auf das Tier wirklich Verlass ist. Daran gibt es immer wieder Zweifel.

Berlin (dpa)

Hund statt Stock: Für viele Blinde ist ein Führhund der optimale Gefährte im Straßenverkehr. Doch nur, wenn auf das Tier wirklich Verlass ist. Daran gibt es immer wieder Zweifel.

Hätten die Autos nicht gebremst, Saskia Knönagel wäre angefahren worden. Ihre Führhündin Phoebe hatte auf der anderen Straßenseite einen Artgenossen entdeckt und seine blinde Besitzerin auf die Fahrbahn gezogen - ohne Rücksicht auf die herannahenden Autos. Dreimal habe ihre Hündin sie in derart gefährliche Situationen gebracht, erzählt Knönagel. Dabei sollen Führhunde eigentlich genau das vermeiden und dafür sorgen, dass ihre blinden Halter sicher von A nach B kommen.

Knönagel gibt der Führhundschule, die Phoebe ausgebildet hatte, die Schuld. Die Hündin, sagt sie heute, sei gar nicht für die Arbeit als Blindenhund geeignet - und das hätte der Trainerin spätestens während der Ausbildung auffallen müssen. Auch vermutet Knönagel, dass in der Schule Gewalt angewendet wurde. "Positive Bestätigungen durch Streicheln oder Leckerli kannte Phoebe gar nicht."

Laut dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) ist Knönagels Hündin Phoebe bei weitem kein Einzelfall. Nach eigenen Angaben erreichen den Verein regelmäßig Beschwerden über schlecht ausgebildete Blindenführhunde. Immer noch arbeiteten einige der rund 60 Ausbilder in Deutschland mit körperlichen Bestrafungen wie Schlägen oder heftigen Leinenrucken, kritisiert DBSV-Referentin Sabine Häcker. So werde die Arbeit für die Tiere zu purem Stress.

Gestresste Hunde seien aber keine verlässlichen Begleiter für Blinde.

Der DBSV setzt sich daher für eine bessere und tiergerechte Ausbildung von Blindenführhunden ein. Eine gute Führhundausbildung - ohne Einsatz von Gewalt - brauche Zeit, betont Häcker. Bis zu 10 000 Mal müsse eine Aufgabe wiederholt werden, bevor der Hund sie vollkommen verinnerlicht habe. Das erklärt auch, warum Führhunde so teuer sind. Ein gut ausgebildetes Tier kostet zwischen 25 000 und 30 000 Euro. Leider gebe es auch "Dumping-Angebote" für 18 000 Euro, bemängelt Häcker. Bei solchen Preisen könne die Ausbildung unmöglich seriös sein, ist die Referentin überzeugt.

Der DBSV sieht vor allem die Krankenkassen in der Pflicht. In der Regel übernehmen sie die Kosten für die Blindenführhunde und sollten - so die Forderung des DBSV - darauf achten, dass nur gut ausgebildete Hunde finanziert werden. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) müsse zudem verbindliche Standards für Führhundtrainer festlegen. Zwar gibt es da bereits Vorgaben. Die seien aber völlig veraltet und blieben sehr allgemein, kritisiert Sabine Häcker. Der GKV-Spitzenverband teilte daraufhin mit, dass der Vorgaben-Katalog in Zukunft überarbeitet werden soll. Wann genau sei aber nicht abzusehen.

Der Berufsverband der deutschen Blindenführhundschulen fühlt sich übergangen. Der DBSV hätte sich mit den Beschwerden der Hundehalter zunächst an sie wenden sollen, sagt der Vize-Vorsitzende Maik Schubert. Sein Verband hätte die Vorwürfe geprüft und rechtliche Schritte eingeleitet, falls tatsächlich gegen den Tierschutz verstoßen wurde. Den Druck auf die Krankenkassen hält Schubert für kontraproduktiv. Wenn künftig die Kassen die Führhundschulen auswählen, werden sie die billigsten Angebote nehmen, fürchtet er.

Die Qualitätsschulen des Berufsverbands hätten dann keine Chancen mehr.

Zumindest in einem Punkt ist sich Schubert dann aber doch einig mit dem Blindenverband: Beide bemängeln, dass der Beruf des Führhundtrainers in Deutschland nicht geschützt ist. Im Prinzip kann jeder eine Schule aufmachen, egal ob er für das Training qualifiziert ist oder nicht. 

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