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Gefahr durch gefälschte Arzneimittel - Risiko im Netz „riesengroß“

Gefälschte Pillen, verunreinigte Ampullen oder Tabletten ohne ausreichenden Wirkstoff. Mit dem zunehmenden Internetversand steigt auch das Risiko, Opfer gefälschter Arzneimittel zu werden. Eine internationale Apothekertagung befasst sich mit dem Problem.

Berlin (dpa)

Gefälschte Pillen, verunreinigte Ampullen oder Tabletten ohne ausreichenden Wirkstoff. Mit dem zunehmenden Internetversand steigt auch das Risiko, Opfer gefälschter Arzneimittel zu werden. Eine internationale Apothekertagung befasst sich mit dem Problem.

Ampullen für Krebspatienten mit manipuliertem Inhalt, Pillen ohne ausreichenden Wirkstoff oder verunreinigtes Pulver: Was für Kriminelle ein lukratives Geschäft ist, birgt für Verbraucher und Patienten ein enormes Gesundheitsrisiko. Der Handel mit illegalen Arzneimitteln wird nach Apothekerangaben zum wachsenden Problem. Gestreckt und gefälscht werde alles, was Profit verspricht, beklagen Experten. Also Lifestyle-Medikamente wie Schlankheits-, Haarwuchs oder Potenzmittel, aber auch hochpreisige Arzneien gegen Krebs, Herzkrankheiten, Hepatitis oder Diabetes. Mit den Fälschungen befasst sich auch ein internationaler Apotheker-Kongress, der am Dienstag mit 3000 Teilnehmern aus 100 Ländern startete. 

Haupteinfallstor für gefälschte Medikamente ist der Internetversand, der grenzüberschreitend-global funktioniert. „Deshalb ist auch der Kampf gegen Arzneimittelfälschungen eine internationale Aufgabe“, sagt Friedemann Schmidt, Präsident der gastgebenden Bundesvereinigung Deutscher Apotheker. „Das Problem ist, dass die Fälschungen immer besser werden und immer schlechter zu erkennen sind.“ Manche Fälschungen enthalten keinen oder zu wenig Wirkstoff, dann bleibt die Erkrankung ganz oder unzureichend behandelt. Andere Präparat beinhalten schädliche Substanzen.

Man müsse unterscheiden zwischen der legalen Verteilerkette mit pharmazeutischem Großhandel und Apotheken einerseits und den illegalen Anbietern dubioser Internet-Quellen andererseits, meint Professor Manfred Schubert-Zsilavecz, Experte für pharmazeutische Chemie. „Sollte beispielsweise ein gefälschtes Arzneimittel zur Krebsbehandlung von einer Apotheke an eine Klinik abgegeben werden, das tatsächlich keinen Wirkstoff enthält, wäre das natürlich eine Katastrophe“, schildert er aus wissenschaftlicher Sicht. „Die Krebserkrankung könnte sich weiter entfalten. In den USA sind solche Dinge auch schon passiert.“

Infolge von gefälschtem Heparin - es soll nach einigen Operationen Thrombosen oder Embolien verhindern - seien in den USA zudem mindestens zehn Menschen gestorben, berichtet Schubert-Zsilavecz. In Deutschland ist ihm aber kein Fall bekannt, in dem ein Patient ernsten Schaden genommen hätte durch ein gefälschtes Mittel aus der legalen Verteilerkette. Der Frankfurter Experte rät daher: „Der Patient sollte sich auf die bewährten Strukturen verlassen: Der Arzt verordnet, der Apotheker gibt ab.“ Die Gefahr, Opfer Krimineller zu werden und gesundheitlichen Schaden zu nehmen, sei dagegen „riesengroß“, wenn man im Netz auf eigene Faust ordere.

Abda-Präsident Schmidt sagt allerdings: „Wir beobachten, dass immer öfter versucht wird, gefälschte Arzneimittel in die legale Vertriebskette einzuschleusen“. So hatten es einige Fälschungen des Magenmittels Omeprazol in den vergangenen Jahren in Großhandel und Apotheken geschafft. Und immer wieder stößt der Zoll auf gefälschte Medikamente. „Die Einnahme dieser Arzneimittel kann eine Gefahr für Leib und Leben bedeuten“, warnt das Bundeskriminalamt. Erst vor wenigen Tagen waren rund 3,5 Millionen Tabletten aus Indien in Nordrhein-Westfalen sichergestellt worden, gefälschtes Viagra und gefährliche Schlaftabletten.

Für viele sind vermeintliche Diskretion und Preisvorteile im Internet aber offenbar wichtige Kaufargumente. Anonymität im Netz, schwer durchschaubare Lieferwege und längere Vertriebsketten erleichtern den Fälschern ihr Handwerk. „Wir sehen mit Sorge, dass Arzneimittelfälschungen aufgrund der Preisstrukturen in Europa ein lukratives Geschäft für kriminelle Organisationen geworden sind“, sagt Professor Karl Broich, Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. „Wir müssen Vertriebswege und Arzneimittelverpackungen sicherer machen, um Fälschungen zu erschweren.“

Einige Schritt sind getan: Wer eine Arznei online bestellen will, kann über das Register Dimdi (www.dimdi.de) prüfen, ob der Anbieter seriös und für den Internethandel zugelassen ist. Alle EU-Länder führen solche Listen. Zudem weist Abda-Chef Schmidt auf das Projekt securPharm hin: Alle Medikamentenpackungen sollen einen fälschungssicheren Barcode erhalten. „Wenn das implementiert ist, können wir jede einzelne Arzneimittelpackung über eine individuelle Kennung von der Herstellung bis zur Abgabe verfolgen.“ 

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