Bad Homburg (dpa)
Bei Deutschlands größtem privater Krankenhausbetreiber Fresenius geht es wieder aufwärts. Doch bei der Dialysetochter FMC schlägt die Delta-Variante des Coronavirus voll durch. Nun sollen Tausende Arbeitsplätze wegfallen.
Der Gesundheitskonzern Fresenius ringt weiter mit den Folgen der Corona-Krise. Während die Zahl der Behandlungen in den Fresenius-Kliniken im dritten Quartal wieder stieg und das Geschäft mit Flüssigarzneien anzog, stemmt sich die Dialysetochter Fresenius Medical Care mit dem Abbau von 5000 Jobs gegen die Auswirkungen der Pandemie, in der viele chronisch kranke Nierenpatienten sterben. Mit der Konzentration auf zwei globale Segmente will FMC Doppelstrukturen abschaffen und die jährlichen Kosten bis 2025 um 500 Millionen Euro senken, wie der Konzern am Dienstag in Bad Homburg mitteilte.
Dem Fresenius-Konzern macht die Corona-Pandemie seit langem zu schaffen. Die Angst vor einer Infektion hielt viele Menschen von einem Klinikbesuch ab, nicht zwingend medizinische Eingriffe mussten verschoben werden. So kamen auch weniger Medikamente vom Flüssigarzneianbieter Fresenius Kabi zum Einsatz. Bei FMC wiederum führte die Pandemie zu einer Übersterblichkeit bei Nierenpatienten, was die Zahl der Behandlungen in den Dialysezentren drückte. Die beiden Dax-Konzerne stehen an der Börse unter Druck, FMC schockierte im Frühjahr Investoren mit einer Gewinnwarnung.
Im dritten Quartal setzte sich zumindest bei Fresenius der Aufwärtstrend fort. Der Umsatz stieg um fünf Prozent gut 9,3 Milliarden und der Gewinn um zwei Prozent auf 435 Millionen Euro. In den rund 90 Krankenhäusern von Fresenius Helios in Deutschland gab es wieder mehr Eingriffe, während die Kliniken in Spanien schon mehr Behandlungen verzeichneten als vor der Pandemie. Zugleich machte die Sparte Kabi, die unter anderem Infusionen vertreibt, gute Geschäfte in Nordamerika und Schwellenländern. Der Dienstleister Vamed verzeichnete Aufträge auf Rekordniveau.
Für dieses Jahr wird Fresenius nun zuversichtlicher: Der Umsatz soll im mittleren einstelligen Prozentbereich zulegen statt wie bisher angepeilt im niedrigen bis mittleren Bereich. Das bereinigte Konzernergebnis erwartet Konzernchef Stephan Sturm am oberen Rand der Prognosespanne. Die Pandemie beeinträchtige Fresenius länger und stärker als erwartet, sagte Sturm. Der Konzern liege aber auf Kurs.
Fresenius Medical Care steht dagegen weiter stark unter Druck. Im dritten Quartal ließ die Delta-Variante die Übersterblichkeit unter Nierenkranken wieder steigen, das kostete Tausenden Dialysepatienten das Leben. Auch sind die Kosten für Sicherheitsmaßnahmen für Patienten und Beschäftigte hoch. Während der Umsatz um ein Prozent auf 4,4 Milliarden Euro stieg, fiel der Gewinn kräftig um 22 Prozent.
Nun will sich FMC auf zwei globale Säulen konzentrieren: Einerseits Produkte für Dialysezentren, Heimdialyse und Intensivmedizin sowie andererseits Gesundheitsdienstleistungen für chronisch Nierenkranke, was 80 Prozent der Umsätze ausmachen soll. Dadurch verabschiedet sich FMC von bisher regionalen Strukturen und bündelt unter anderem die Verwaltung sowie zentrale Dienste weiter. Für das Programm fallen Einmalinvestitionen von 450 bis 500 Millionen Euro an, erste Einsparungen unterm Strich erwartet FMC bis Ende 2023.
„Wir wollen Fresenius Medical Care damit agiler machen, vorhandenes Know-how besser nutzen, Innovationen beschleunigen und unser Kapital noch gezielter und damit effizienter einsetzen“, sagte FMC-Chef Rice Powell. Wo die weltweit 5000 Jobs gestrichen werden und wie viele auf Deutschland entfallen, steht noch nicht fest, so ein Konzernsprecher.
Fresenius Medical Care mit gut 123 000 Beschäftigten betreibt weltweit etwa 4100 Dialysezentren. Bei Menschen mit Nierenversagen muss das Blut regelmäßig per Dialyse gereinigt werden. Zugleich ist FMC führender Anbieter von Dialyseprodukten wie Dialysegeräten, Dialysatoren und Einweg-Zubehör. Die Fresenius-Aktien gingen mit einem Kursplus von 2,2 Prozent aus dem Handel. Für FMC-Anteile ging es nach der Veröffentlichung der Pläne zur Kostensenkung in der Spitze um rund viereinhalb Prozent hoch, bis zum Handelsschluss blieb noch ein Plus von knapp einem Prozent.