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Ein warmes Glücksgefühl - Die Psychologie des Spendens

Ältere Menschen, Frauen, Menschen mit höherer Bildung, größerer Lebenszufriedenheit und religiöse Menschen spenden verschiedenen Studien zufolge häufiger als andere. Wissenschaftlich gesehen steckt dahinter allerdings nicht nur reiner Altruismus.

Berlin/Eugene (dpa)

Von Januar bis Mai spendeten die Deutschen rund 1,86 Milliarden Euro, meldete der Deutsche Spendenrat gerade - das ist ungefähr so viel wie in den Vorjahreszeiträumen vor Beginn des Ukraine-Kriegs. Doch warum spenden manche Menschen und andere nicht? Welchen Einfluss haben Bilder auf die Spendenbereitschaft und macht Spenden glücklich? Wissenschaftliche Untersuchungen geben Antworten.

Inflation und Energiekrise zum Trotz war 2022 ein Rekord-Spendenjahr: Laut Deutschem Spendenrat gaben rund 18,7 Millionen Menschen insgesamt etwa 5,7 Milliarden Euro an gemeinnützige Organisationen oder Kirchen. Besonders viel wurde dabei im März - dem Monat des Kriegsbeginns in der Ukraine - sowie im Dezember gegeben. Letzteres ist keine Überraschung, da das Spendenaufkommen in Deutschland und anderen Ländern der Welt traditionell zu Weihnachten Höchststände erreicht. Gerade diese Zeit scheint dazu zu motivieren, mit anderen zu teilen.

Was Menschen zu Großzügigkeit motiviert, ist vielfach untersucht worden. So legte 2007 eine kleinere israelische Arbeit nahe, dass diese genetisch bestimmt sein könnte. Auch die Arbeit einer Gruppe um den Psychologen Martin Reuter von der Universität Bonn drei Jahre später ergab einen Zusammenhang zwischen Erbanlagen und Altruismus.

Darüber hinaus scheinen bestimmte Gruppen mehr zu spenden als andere und hier vor allem Ältere, was 2021 durch eine in „Nature Aging“ veröffentlichte Studie über das Spendenverhalten in 67 Ländern bestätigt wurde. Auch hierzulande war dem GfK-Spendenreport 2022 zufolge der Anteil der Generation 60 plus am Spendenaufkommen mit fast zwei Dritteln des gesamten Spendenaufkommens wieder am größten.

Daneben nimmt das Geschlecht laut einer Schweizer Studie Einfluss. Wie die Wissenschaftler 2017 im Fachblatt „Nature Human Behaviour“ berichten, löste großzügiges Verhalten bei Frauen eine starke neuronale Belohnungsreaktion aus, bei Männern hingegen eher egoistisches Verhalten. Ob dieser Unterschied angeboren oder kulturell geprägt ist, können die Forschenden nicht sagen.

Der Unterschied zeigte sich auch in einer Studie des DIW Berlin mit dem Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) zum Spendenverhalten und -volumen in Deutschland in 2019. Demnach spendeten Frauen zwar kleinere Beträge, aber häufiger als Männer. Ebenso spendeten Menschen mit höherer Bildung, größerer Lebenszufriedenheit, starkem ehrenamtlichen Engagement sowie religiöse Menschen häufiger. Und: Relativ zum verfügbaren Einkommen spendeten einkommensschwache Haushalte deutlich mehr als einkommensstarke.

Tatsächlich bestimmten ganz unterschiedliche Aspekte, ob ein Mensch großzügig ist oder nicht, betont auch Psychologieprofessor Paul Slovic: „Dazu gehören unter anderem Erziehung, Erfahrungen mit Notlagen, politische Ideologie und Religion.“ Reiner Altruismus sei indes bei den wenigsten ein Motiv: „Wer anderen hilft, erlebt selbst ein warmes Glücksgefühl“, so Slovic, der an der University of Oregon die Psychologie des Spendens erforscht.

Dieses Glücksgefühl wiesen Forscherinnen der Universität Lübeck gar im Gehirn von Probanden nach: Großzügige Vertreter zeigten bei großzügigem Verhalten starke Hirnaktivitäten in einem Areal, das mit prosozialem, altruistischem Verhalten in Zusammenhang gebracht wird, und berichteten gleichzeitig von stärkeren Glücksgefühlen als eine weniger generöse Kontrollgruppe.

Grundsätzlich steige die Spendenbereitschaft der Menschen erfahrungsgemäß besonders stark an, wenn Katastrophen visuell vermittelt werden, sei es durch Fotos von Kriegsopfern oder Bilder von den Auswirkungen einer Flutkatastrophe, erklärt Paul Slovic. Ein eigentlich irrationales Verhalten, da auch ohne diese Bebilderung klar sei, dass es viel Elend gebe. „Trotz dieses Wissens brauchen wir aber eine emotionale Verbindung zu den Bedürftigen. Statistiken schaffen das nicht. Bilder schon“, führt Slovic aus. Aber: „Wie wir immer wieder gesehen haben, lösen Fotos und Nachrichtenbilder von menschlichem Leid in der Regel eher eine kurzfristige emotionale Reaktion aus als eine nachhaltige humanitäre Reaktion.“

Eine weitere Erkenntnis: Der Mensch ist Analysen zufolge anders als mitunter angenommen nicht immer das gerade in Katastrophenzeiten zutiefst egoistische Wesen. So ergab eine im Fachblatt „Scientific Reports“ vorgestellte US-Studie, dass die Großzügigkeit der Menschen 2020 gerade in jenen Regionen wuchs, in denen die Zahl der Corona-Fälle stieg. Möglicherweise habe die Bedrohung zu mehr Mitleid und dem Wunsch geführt, mehr Handlungsfähigkeit zu fühlen. Die Forscher stimmte das Ergebnis jedenfalls positiv: „Inmitten der Ungewissheit, Angst und Tragödie der Pandemie finden wir einen Silberstreif am Horizont: Die Menschen wurden angesichts der Covid-19-Bedrohung finanziell großzügiger gegenüber anderen.“

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