Berlin (dpa)
Die Kosten für Pflegeheimbewohner und ihre Angehörigen kennen schon seit Jahren nur eine Richtung: nach oben. Der Trend setzt sich nun ungebremst fort - das erhöht den Druck zum politischen Gegensteuern.
Pflegebedürftige kommt die Betreuung im Heim immer teurer zu stehen. Im bundesweiten Schnitt stiegen die selbst zu zahlenden Anteile jetzt über die Marke von 2000 Euro im Monat, wie aus Daten des Verbands der Ersatzkassen mit Stand 1. Juli hervorgeht.
Demnach sind nun durchschnittlich 2015 Euro fällig und damit 124 Euro mehr als Mitte 2019. Es gibt aber weiterhin regionale Unterschiede. Im Vergleich der Bundesländer am teuersten bleiben Heimplätze in Nordrhein-Westfalen mit nun durchschnittlich 2405 Euro. Dagegen ist die Belastung in Sachsen-Anhalt mit 1436 Euro am niedrigsten. Krankenkassen und Patientenschützer dringen auf eine Finanzreform.
In den Summen ist zum einen der Eigenanteil für die reine Pflege und Betreuung enthalten. Denn die Pflegeversicherung trägt - anders als die Krankenversicherung - nur einen Teil der Kosten. Für Heimbewohner kommen daneben aber noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung und auch für Investitionen in den Einrichtungen dazu. Der Eigenanteil allein für die reine Pflege stieg nun im bundesweiten Schnitt auf 786 Euro im Monat, nachdem es zum 1. Juli 2019 noch 693 Euro gewesen waren.
Bundesweit am höchsten ist er weiterhin in Baden-Württemberg mit jetzt durchschnittlich 1062 Euro. Es folgen Berlin mit 992 Euro und Bayern mit 938 Euro. Deutlich weniger sind es dagegen in Thüringen mit 490 Euro, in Sachsen-Anhalt mit 560 Euro und in Sachsen mit 595 Euro. Auch bei den Kosten für Unterkunft und Verpflegung gibt es bundesweit eine große Spanne: von 588 Euro in Sachsen-Anhalt bis 1036 Euro in Nordrhein-Westfalen. Der Bundesschnitt beträgt 774 Euro.
Die Chefin des Verbandes der Ersatzkassen (vdek), Ulrike Elsner, forderte, das Problem in einer Pflegereform anzugehen. Eine kurzfristig umsetzbare Lösungsmöglichkeit wäre, die Leistungsbeträge der Pflegeversicherung einmalig anzuheben, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Das könnte etwa Mehrkosten durch höhere Tariflöhne in Heimen ausgleichen. Die Länder müssten endlich die Investitionskosten übernehmen. Elsner betonte zudem: „Da sich auch die Finanzsituation der Pflegeversicherung zunehmend verschärft, brauchen wir einen dauerhaften Steuerzuschuss.“ Zugesagte einmalige 1,8 Milliarden Euro wegen der Corona-Krise könnten die Lage nur vorübergehend entspannen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die Debatte über eine grundlegende Pflegereform im Herbst neu starten - nachdem dies in der Corona-Krise weitgehend in den Hintergrund gerückt ist. Dann soll auch klar sein, wie sich die Pandemie auf die Sozialkassen auswirkt.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz mahnte Tempo an. „Pflege macht arm. Das ist seit Jahren bekannt“, sagte Vorstand Eugen Brysch der dpa. „Viele der 818 000 Heimbewohner gehen finanziell schon lange auf dem Zahnfleisch.“ Spahns Zögern sei unerklärlich. „Schließlich kann er nicht alle Beamten der Pflegeabteilung wegen Corona in die Kurzarbeit geschickt haben.“ Berechtigte Lohnsteigerungen in der Altenpflege könnten von Pflegebedürftigen nicht mehr getragen werden.