Berlin (dpa)
Was bleibt im Alter übrig? Eine einfache Frage - doch viele finden sich im Rentendickicht nur schwer zurecht. Nun will die Regierung mit einem neuen digitalen Großprojekt Abhilfe schaffen.
Alle Bürger in Deutschland sollen ab Herbst 2023 per Mausklick eine einheitliche Übersicht über ihre Altersvorsorge im Internet bekommen. Das Bundeskabinett gab am Mittwoch in Berlin grünes Licht für die Entwicklung einer digitalen Rentenübersicht.
Mit dem geplanten Online-Portal sollen sich die Menschen über alle Ansprüche aus gesetzlicher, privater und betrieblicher Vorsorge informieren können. Für das umfangreiche Digitalprojekt ist zunächst eine Entwicklungsphase von 21 Monaten und dann eine erste Betriebsphase vorgesehen.
„Wir wollen den Kenntnisstand der Bürgerinnen und Bürger über ihre eigene Altersvorsorge verbessern. Denn nur wer Bescheid weiß, kann gut vorsorgen“, sagte Sozialminister Hubertus Heil (SPD).
Bisher informieren die verschiedenen Träger für die jeweiligen Altersleistungen in eigener Form über Zwischenstände. Nun soll bei der Deutschen Rentenversicherung eine „Zentrale Stelle für die Digitale Rentenversicherung“ geschaffen werden. Die Träger der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Alterssicherung und Experten für Verbraucherschutz sollen eingebunden werden. Beteiligt ist auch das Finanzressort.
Die Rentenversicherung schätzt den Zeitrahmen für die geplante Plattform als ambitioniert, aber machbar ein, wie ein Sprecher sagte. Bereits heute erstellt sie die Renteninformation. Seit Längerem setzt sie sich für einen Gesamtüberblick ein. Der Versicherer forderte die Erstattung aller Kosten für Entwicklung und Betrieb des Portals.
Das Sozial- und das Finanzministerium hatten bereits vergangenes Jahr angekündigt, dass die Bürger auf der geplanten Plattform ihre schon erreichten und noch erreichbaren Leistungen anschauen können - wenn möglich mit Modellrechnungen.
Der Wirtschaftsrat der CDU bemängelt die Federführung der Rentenversicherung bei dem Projekt. „Eine solche Stelle darf keine eigenen Interessen verfolgen und muss unabhängig von jeder politischen Einflussnahme ihre Daten erstellen“, sagte Generalsekretär Wolfgang Steiger der Deutschen Presse-Agentur. Steiger kritisierte zudem, dass beispielsweise Mieteinnahmen oder Kapitalanlagen unberücksichtigt bleiben sollten. Jeder Bürger müsse zudem auch für sich simulieren können, wie sehr eine längere Erwerbstätigkeit seine Rente erhöht.
Die Linke im Bundestag erwartet schwindende Akzeptanz für die Riester-Rente durch die Plattform. Ihr Rentenexperte Matthias W. Birkwald sagte, viele, die von der Politik in eine private Altersvorsorge gezwungen würden, würden dann die Schwächen vor Augen haben - vor allem der Riester-Verträge.
Die SPD-Arbeitsmarktexpertin Kerstin Tack nannte die Pläne für das Internetprojekt „wichtig und richtig“.
Mit dem Gesetzentwurf ist auch eine Modernisierung der Sozialwahlen vorgesehen. Dabei werden unter anderem bei Krankenkassen die Vertreter der Versicherten und Arbeitgeber durch Wahlen bestimmt. Die Sozialwahlen sind aber nicht sehr bekannt. Und auch einer interessierten Öffentlichkeit bleibt es heute in der Regel verborgen, wer warum auf den Wahllisten landet. Nun soll die Erstellung dieser Listen transparenter werden.
Geändert werden sollen mit dem Gesetz auch die Umstände für eine Reha. Bei der Beschaffung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der Rentenversicherung sollen die Interessen der Reha-Einrichtungen und der Betroffenen stärker berücksichtigt werden.