Mainz (dpa)
Nach Ankunft der vielen Flüchtlinge auf den Bahnhöfen hat er Ärzte zusammengerufen und eine medizinische Versorgung in den Unterkünften organisiert. Das gesellschaftliche Klima hat sich in einem Jahr geändert, aber der Mainzer Arzt packt weiter an.
Gerhard Trabert geht hin zu Menschen, die in Not sind. Ob in Kriegen wie in Afghanistan oder bei Naturkatastrophen wie dem Erdbeben in Haiti - der Mainzer Notfallmediziner macht sich auf den Weg. Im April hat er Flüchtlinge an der griechisch-mazedonischen Grenze in Idomeni verarztet, in diesem Monat bei der Rettung von Flüchtlingen in Mittelmeer geholfen. Trabert habe „herausragende Verdienste um das deutsche Gesundheitswesen und die Ärzteschaft erworben“, erklärte die Bundesärztekammer bei der Verleihung ihrer Paracelsus-Medaille vor zwei Jahren.
Als vor einem Jahr Tausende von Flüchtlingen über Ungarn auf den Bahnhöfen in Deutschland eintrafen, schrieb Trabert Ärzte in der Region an, organisierte medizinische Hilfe in den Unterkünften. Heute betreibt sein Team eine regelmäßige Betreuung in sechs Heimen, seit kurzem auch eine Sprechstunde von Ärztinnen für geflüchtete Frauen.
Die Begegnung mit Menschen in Not, das Bewusstsein für ihre „Gleichwürdigkeit“ hat Gerhard Trabert schon als kleiner Junge erfahren. Er wuchs in einem Waisenhaus in Mainz auf, wo sein Vater erst Hausmeister, dann Erzieher war. Nach dem Studium der Sozialarbeit und dann der Medizin erlebte er in Indien, wie Ärzte in die Dörfer gingen. Dies wurde prägend für das „aufsuchende Konzept“, das Trabert vor 22 Jahren in der Versorgung von Wohnungslosen umsetzte und nun auf die Flüchtlinge übertrug.
Woher schöpft der vierfache Vater seine Kraft? „Im Team machen wir uns gegenseitig Mut, wenn wir wütend, verzweifelt oder melancholisch sind.“ Geprägt habe ihn auch die Bergpredigt mit ihrer radikalen Nächstenliebe, von den Kirchen wünsche er sich aber mehr Engagement.
Und dann gibt es ja noch den Sport für den einstigen Vize-Europameister der Junioren in der 400-Meter-Staffel. „400 Meter sind eine besondere Strecke: Da muss man Durchhaltevermögen haben und bereit sein, an die eigenen Grenzen zu gehen.“