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Der Albtraum Ebola in Westafrika ist zu Ende - vorerst

In den von Ebola gezeichneten Ländern Westafrikas keimt neue Hoffnung. Jetzt beginnt der mühsame Wiederaufbau. Doch die Seuche kann schon bald zurückkommen.

Monrovia (dpa)

In den von Ebola gezeichneten Ländern Westafrikas keimt neue Hoffnung. Jetzt beginnt der mühsame Wiederaufbau. Doch die Seuche kann schon bald zurückkommen.

Die Leichen von Ebola-Opfern liegen in den Straßen der Hauptstadt Liberias, umschwirrt von Fliegen, bis Helfer in Astronauten-ähnlichen Schutzanzügen sie schließlich einsammeln und zur eiligen Verbrennung wegkarren. Diese Momente vom Höhepunkt der Epidemie in der zweiten Jahreshälfte von 2014 brannten sich ins Gedächtnis der Menschen in Westafrika ein. 

Nach mehr als zwei Jahren und mehr als 11 300 Toten ist die bislang schlimmste Ebola-Epidemie seit Donnerstag offiziell zu Ende - vorerst. In Guinea, Sierra Leone und nun auch Liberia hat es der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge seit 42 Tagen keine bekannte Neuansteckung mehr gegeben. Damit gelten die Staaten als ebolafrei. Doch alle Experten warnen, dass es dieses Jahr zu erneuten Infektionen kommen könnte. 

Zudem stehen die von der Epidemie gezeichneten Länder jetzt erst am Anfang eines langen Weges: Es gilt, die Gesundheitssysteme wieder aufzubauen, die darbende Wirtschaft wieder in Gang zu kriegen und sich um Ebola-Überlebende sowie rund 23 000 Halb- oder Vollwaisen zu kümmern. „Viele Menschen leiden noch immer, besonders die Kinder“, sagt Unicef-Experte Manuel Fontaine. Die Überlebenden werden oft von der Gemeinschaft geschnitten. Viele von ihnen haben nun Probleme mit den Augen, den Gelenken oder schweren psychischen Folgen. 

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF), die von Anfang an federführend an der Bekämpfung der Seuche beteiligt war, warnt ebenfalls vor einem übereilten Rückzug aus der Region. „Wir stehen hier noch vor großen Herausforderungen“, sagt MSF-Ebola-Experte Luis Encinas. „Das Gesundheitssystem in den Ländern muss komplett wiederaufgebaut werden.“ 

In Liberia war die Freude am Donnerstag groß, doch unter den Jubel mischten sich auch zur Vorsicht mahnende Töne. Die Regierung „bleibt wachsam, um das Land vor der tödlichen Krankheit zu schützen“, erklärt der stellvertretende Gesundheitsminister Tolbert Nyenswah in Monrovia. Liberia wurde seit Mai 2015 bereits zweimal von der WHO für ebolafrei erklärt. Doch das Virus, das Wissenschaftler immer noch vor viele Rätsel stellt, fand wieder einen Weg zurück. 

„Wir müssen mit einem erneuten Aufbäumen von Ebola im kommenden Jahr rechnen“, sagt auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in New York. Liberias Erfahrung habe allerdings „die Widerstandskraft und die Fähigkeit der betroffenen Länder gezeigt, die Notmechanismen wieder zu aktivieren und das Virus im Zaum zu halten“.  

Die Maßnahmen zur Vermeidung weiterer Infektionen haben den Alltag in den betroffenen Ländern tiefgreifend verändert. Entgegen der kulturellen Tradition musste Körperkontakt vermieden werden. Tote mussten einfach verbrannt werden, anstatt sie traditionell zu waschen und zu bestatten. Vor dem Betreten öffentlicher Gebäude oder von Schulen müssen Hände mit Desinfektionsmittel gewaschen werden. Teils wurde der Ausnahmezustand verhängt, Stadtviertel wurden unter Quarantäne gestellt, die meisten internationalen Flüge wurden gestrichen.  

Auf dem Höhepunkt der Ebola-Epidemie ergriff die Angst vor der Seuche die ganze Welt. Das Virus schien sich exponentiell zu verbreiten, die US-Seuchenbehörde CDC warnte im September 2014, dass sich im schlimmsten Fall bis zu 1,4 Millionen Menschen infizieren könnten.

Die Behandlung einzelner Ebola-Fälle in den USA, Großbritannien, Spanien oder Deutschland löste auch dort teils große Angst aus. „Die Epidemie war von Juni 2014 bis November 2014 außer Kontrolle“, erinnert sich Encinas. „Im Juli waren wir erstmals völlig überfordert. Wir hatten das Gefühl, dass wir uns dem nicht mehr stellen konnten“, schildert der MSF-Experte. 

Wegen der zunächst schleppenden Reaktion auf die Epidemie dürfte auch der Ruf der WHO als Bollwerk gegen die Ausbreitung von Seuchen für lange Zeit zerstört worden sein. Fassungslos erlebten Helfer in den ersten Monaten der Epidemie, wie die WHO versagte. Unabhängige Experten kamen im Mai 2015 in einer Studie zu dem Schluss, dass die in Genf ansässige WHO auf Warnungen von MSF und anderer vor Ort tätiger Helfer viel zu spät und nicht entschlossen genug reagierte.

WHO-Chefin Margaret Chan hat seither Besserung gelobt. 

Der verstärkte Einsatz der internationalen Gemeinschaft und eine bessere Reaktion der örtlichen Regierungen halfen, die Zahl der Neuinfektionen Anfang 2015 unter Kontrolle zu bekommen. Insgesamt waren in den beiden zurückliegenden Jahren 28 600 Menschen an dem Virus erkrankt. Die meisten Toten - 4800 - gab es in Liberia.

Inzwischen gibt es Versuche mit Impfstoffen, aber Experten stehen weiter vor Rätseln. Der gängigen Hypothese zufolge wird das Virus beim Verzehr von Wildtieren wie Fledermäusen oder Affen übertragen. „Aber wir können die genaue Ursache nicht festnageln“, sagt Anouk Boschma, Liberia-Direktorin der Hilfsorganisation International Medical Corps. „Bis wir es sicher wissen, müssen wir wachsam bleiben.“

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