Berlin (dpa)
Um die Corona-Pandemie in Deutschland unter Kontrolle zu halten, kommt es auf die Spurensuche bei Infektionen an - auch mit mehr Tests. Die sollen künftig für einen noch größeren Kreis auf Kassenkosten möglich sein.
Im Kampf gegen das Coronavirus sind jetzt auch Tests ohne akute Krankheitsanzeichen auf breiter Front möglich - besonders in sensiblen Bereichen wie Kliniken, Pflegeheimen, Schulen und Kitas. Eine am Dienstag verkündete Verordnung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) legt dafür eine Reihe zusätzlicher Testmöglichkeiten auf Kassenkosten fest. Dies zielt auch auf die geplante freiwillige Corona-Warn-App für Smartphones ab, die Nutzer über enge Kontakte zu Infizierten informieren soll. Weitere Laborkapazitäten für eine deutliche Ausweitung der Tests sind noch vorhanden.
„Wir wollen das Virus im Keim ersticken“, sagte Spahn. „Das geht nur mit präventiven Reihentests in Krankenhäusern und Pflegeheimen und wenn wir möglichst alle Kontaktpersonen von Infizierten testen.“ Am Geld solle dies nicht scheitern. „Es ist viel teurer, zu wenig zu testen, als zu viel zu testen“, sagte Spahn. Ein Überblick über die Neuregelungen, die rückwirkend zum 14. Mai in Kraft treten:
DIE TEST-VORAUSSETZUNGEN: Bisher gibt es Tests auf Kassenkosten in der Regel nur bei Infektionsverdacht - also wenn man Symptome wie Fieber, Husten, Halsschmerzen oder Geruchs- und Geschmacksstörungen zeigt. Künftig sollen grundsätzlich alle Patienten getestet werden, die in Krankenhäusern aufgenommen werden. Gesundheitsämter und Ärzte können zudem in bestimmten Fällen Tests ohne Symptome veranlassen.
TESTS VON KONTAKTPERSONEN: Zum Eindämmen des Virus kommt es darauf an, schnell Menschen zu finden und zu untersuchen, die Infizierten nahe gekommen sind. Eine solche „Kontaktperson“ ist zum Beispiel, wer in einem Gespräch mindestens 15 Minuten ununterbrochenen Kontakt hatte - oder mit einem Infizierten im selben Haushalt lebt. Möglich werden Tests ohne Symptome aber auch, wenn Nutzer der staatlichen Warn-App einen solchen Kontakt gemeldet bekommen. Die Anwendung, die die Nähe zwischen zwei Smartphones misst, soll nächste Woche starten.
REIHENTESTS: Gibt es in Pflegeheimen, Schulen oder Kindertagesstätten einen Corona-Fall, kann das Gesundheitsamt dort künftig Reihentests anordnen - und alle Personen in den Einrichtungen untersuchen lassen. Auch in Reha-Einrichtungen, Dialysezentren, Asylbewerberheimen oder Justizvollzugsanstalten ist das dann möglich. Bei Pflegeheimen und Pflegediensten mit besonders gefährdeten älteren, chronisch kranken Menschen soll auch unabhängig von einem Fall getestet werden können.
TEST-WIEDERHOLUNGEN: Wie oft getestet wird, entscheidet der Arzt, erläuterte das Ministerium. Unter anderem für Kontaktpersonen sieht die Verordnung einen möglichen weiteren Test vor, der nach Ende der Inkubationszeit sinnvoll sein könnte. Personal in Krankenhäusern, in der Pflege und in Behinderteneinrichtungen kann demnach einmal bei Tätigkeitsbeginn und dann alle zwei Wochen erneut getestet werden. Die Kliniken hatten sich sogar für wöchentliche Tests stark gemacht.
DIE KOSTEN: Die Kosten von pauschal 50,50 Euro je Test zahlt die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) - auch für Privatpatienten und Menschen ohne Krankenversicherung. Was das finanziell bedeute, hänge vom Infektionsgeschehen und der Zahl der amtlich angeordneten Tests ab, erläuterte das Ministerium. Es sei aber eine versicherungsfremde Leistung, für die der Bund einen Zuschuss aus Steuergeld leiste. Der GKV-Spitzenverband begrüßte die Test-Ausweitung, dringt aber auf eine volle Gegenfinanzierung. Der konkreten Finanzierungsverpflichtung auch für Privatversicherte und Nicht-Versicherte stehe nur «eine allgemeine Finanzierungszusage des Bundes» gegenüber, sagte GKV-Vorstandsmitglied Stefanie Stoff-Ahnis dem „Handelsblatt“.
DIE KAPAZITÄTEN: Spielraum für mehr Tests ist da. Die Kapazitäten lägen mit bis zu 888 000 Tests pro Woche auf einem verlässlich hohen Niveau, teilte der Berufsverband Akkreditierte Labore in der Medizin mit. In der vergangenen Woche mit den Pfingstfeiertagen wurden demnach 280 000 Tests gemacht, nachdem es Mitte Mai schon einmal mehr als 360 000 waren. Positiv waren zuletzt noch 0,9 Prozent der Tests.