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Bundesverfassungsgericht überprüft Zeugnisvermerke bei Legasthenikern

Im Deutsch-Abi viele Rechtschreibfehler machen ohne Punktabzug - für Menschen mit einer Lese-Rechtschreibstörung kann diese Erleichterung sehr wichtig sein. Grundsätzlich müssen sie dann mit einem entsprechenden Kommentar im Zeugnis leben. Ist das rechtens?

Karlsruhe (dpa)

Rechtschreibung in der Schule ist wichtig und Teil der Bewertung - aber nicht immer. Ausnahmen gibt es in den meisten Bundesländern für Legasthenikerinnen und Legastheniker. Ob sie einen Zeugnisvermerk darüber akzeptieren müssen, dass ihre Rechtschreibleistungen nicht in die Noten eingeflossen sind, darüber verhandelt am Mittwoch (14.00 Uhr) das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

Drei ehemalige Abiturienten aus Bayern fühlten sich wegen solcher Vermerke diskriminiert und klagten. „Es geht um die Themen Selbstbestimmung und Chancengleichheit“, sagte vorab ihr Anwalt Thomas Schneider aus München. Eine Entscheidung des Gerichts wird erst in einiger Zeit erwartet. (Az. 1 BvR 2577/15 u.a.)

Das Grundgesetz will Menschen mit Behinderung vor Benachteiligung schützen. Es ist außerdem anerkannt, dass sie einen Anspruch auf Chancengleichheit bei Prüfungen haben. Deshalb können betroffene Schülerinnen und Schüler bei Prüfungen einen sogenannten Nachteilsausgleich bekommen, beispielsweise in Form von mehr Zeit zum Schreiben.

In den meisten Bundesländern, so auch in Bayern, ist es außerdem möglich, dass Lehrkräfte die Leistung von Schülerinnen und Schülern mit Behinderung anders bewerten. Notenschutz nennt sich diese Vorgehensweise. Bestimmte Aspekte fließen dann nicht in die Noten mit ein - etwa die Rechtschreibung bei denjenigen, die von Legasthenie betroffen sind.

Legasthenie bezeichnet eine Lese-Rechtschreibstörung, also gravierende Schwierigkeiten bei diesen Fähigkeiten. Laut Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie betrifft dies etwa zwölf Prozent der Bevölkerung in Deutschland.

In den Fällen vor dem Verfassungsgericht bekamen die Kläger bei ihrem Abitur im Jahr 2010 sowohl einen Zeitzuschlag bei schriftlichen Prüfungen als auch Notenschutz. In ihrem Zeugnis tauchte dann ein Vermerk darüber auf, dass die Rechtschreibleistungen nicht bewertet wurden.

Bayern ist nicht das einzige Bundesland, das diese Bemerkungen im Zeugnis aufnimmt. Es folgt damit einem Beschluss der Kultusministerkonferenz aus dem Jahr 2003. Darin heißt es, dass eine abweichende Bewertung eine Privilegierung gegenüber den Mitschülerinnen und Mitschülern sei.

Die Abiturienten klagten gegen die Hinweise in ihren Zeugnissen, zunächst bis zum Bundesverwaltungsgericht. Dieses erteilte ihnen 2015 eine Absage und entschied, dass kein Anspruch auf Notenschutz bestehe ohne dessen Dokumentation im Zeugnis.

Darin sehen die Kläger unter anderem einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot von Menschen mit Behinderung und das Gebot der prüfungsrechtlichen Chancengleichheit. Ihr Vertreter betonte, dass eine Zeugnisbemerkung sofort zu Nachfragen führe und sie damit in ihrer Selbstbestimmung einschränke. Auch bestehe Gefahr, in Bewerbungsprozessen von vornherein abgelehnt zu werden.

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