Berlin (dpa)
Im Web surfen, Online-Banking erledigen oder E-Mails schreiben. Für viele Senioren in Deutschland ist das eine Selbstverständlichkeit. Doch obwohl neue Anwendungen wie Video-Telefonie locken, stagniert die Nutzung des Netzes bei älteren Menschen.
Videotelefonie ersetzt in der Coronakrise nicht nur viele Dienstreisen, sondern wird auch immer häufiger von älteren Menschen in Deutschland entdeckt. Vier von zehn Onlinern ab 65 Jahren (40 Prozent) nutzen sie mittlerweile, Anfang des Jahres waren es erst drei von zehn (31 Prozent). Das ergab eine repräsentative Umfrage des Digital-Branchenverbandes Bitkom, die am Dienstag in Berlin veröffentlicht wurde.
Der Anteil der älteren Internetnutzer insgesamt hat sich innerhalb dieses Jahres allerdings kaum verändert: Nach wie vor ist jeder Zweite ab 65 Jahren online (Juli: 49 Prozent, Januar: 48 Prozent). Zum Vergleich: Im Jahr 2014 waren es erst 38 Prozent. „Digitale Technologien haben sich während der Corona-Pandemie in vielen Bereichen bewährt“, sagte Bitkom-Präsident Achim Berg. „Der Schritt ins digitale Neuland fällt Senioren aber immer noch schwer - es braucht noch mehr Hilfsangebote.“
Diejenigen Menschen über 65 Jahre, die online sind, sagen der Umfrage zufolge mehrheitlich: „Ein Leben ohne Internet kann ich mir nicht mehr vorstellen“. 62 Prozent der Onliner stimmen dieser Aussage zu. Im Januar waren dies nur 56 Prozent. „Diejenigen, die das Netz nutzen, sind sehr technikaffin, sehr interessiert und sehen auch die Vorteile. Wir haben aber auch einen Graben zwischen Nutzern und Nicht-Nutzern, der sehr tief ist“, sagte Berg.
Die größere Bedeutung von Gesundheitsthemen könnte dazu beitragen, die Stagnation in der Internet-Nutzung zu überwinden. 38 Prozent der Onliner ab 65 Jahren lassen sich inzwischen Erinnerungen für Arzttermine per SMS oder Email schicken, weitere 53 Prozent können sich dies vorstellen. 37 Prozent vereinbaren solche Termine heute bereits online. Jeder Fünfte kommuniziert digital mit seinem Arzt per E-Mail (21 Prozent) oder Messenger (19 Prozent).
Deutlich geringer fallen allerdings die Zahlen bei aufwendigeren E-Health-Anwendungen aus: Eine telemedizinische Überwachung nutzen heutzutage nur sechs Prozent der Onliner unter den Senioren. Der Bitkom sieht hier allerdings noch ein großes Potenzial. Die Hälfte der Befragten gab an, dies in Zukunft machen zu wollen.
Auch digitale Gesundheitsleistungen, die erst in den kommenden Jahren verfügbar sein werden, stoßen der Umfrage zufolge bei älteren Internetnutzern auf großes Interesse. So kann sich mehr als jeder Zweite (53 Prozent) vorstellen, die elektronische Patientenakte zu nutzen, 40 Prozent das E-Rezept. „Die Digitalisierung im Gesundheitswesen kann die medizinische Versorgung verbessern und die Infektionsgefahr für die durch Corona besonders gefährdeten älteren Menschen erheblich reduzieren“, sagte Berg. „Viele Senioren zeigen eine beeindruckende Offenheit gegenüber digitalen Gesundheitslösungen.“
Im Zuge der Corona-Pandemie hat sich für viele ältere Menschen das Bild von der Digitalisierung gewandelt. Zwei von fünf Senioren (40 Prozent) sagen, dass sie der Digitalisierung seitdem positiver gegenüberstehen. Ein Viertel (23 Prozent) sieht die Digitalisierung hingegen negativer.