Karlsruhe (dpa)
Ärztebewertungsportale wie Jameda sind nützlich für Patienten, aber für manchen Mediziner ein Riesenärgernis. Eine Dermatologin zieht wegen schlechter Bewertungen vor Gericht und stellt das Geschäftsmodell des Portals an den Pranger. Nun fällt das Urteil.
Millionen von Patienten klicken sich Monat für Monat durch Internet-Bewertungsportale für Mediziner. Misslich nur, wenn ein Arzt sich ungerecht behandelt fühlt und aus dem Portal gestrichen werden will. Bislang hatte der Bundesgerichtshof (BGH) einen grundsätzlichen Löschanspruch verneint, entscheidet an diesem Dienstag aber erneut dazu. Auf dem Prüfstand steht das Geschäftsmodell von Jameda.
Worum geht es genau?
Eine Kölner Hautärztin ist gegen ihren Willen bei dem Ärztebewertungsportal Jameda gelistet und will daraus gelöscht werden. Sie begründet das damit, dass ihr Persönlichkeitsrecht verletzt ist und sie außerdem dort durch Werbung von Konkurrenten benachteiligt wird.
Wenn sie dort gar nicht gelistet sein will, warum darf Jameda ihr Profil dennoch aufführen?
Ärzte mussten es wegen des öffentlichen Interesses und im Sinne der freien Arztwahl bisher hinnehmen, dass sie in solchen Portalen auftauchen und dort - natürlich unter Einhaltung bestimmter Standards - von Patienten bewertet werden. Sich einfach löschen lassen, das geht nicht, hat der BGH bereits im September 2014 entschieden (Az.:VI ZR 358/13).
Wieso sieht die Ärztin dann in ihrem Fall Chancen auf Löschung?
Sie ist der Ansicht, dass der BGH bei dieser Entscheidung einen wichtigen Aspekt nicht berücksichtigte: Dass Jameda nämlich auch als Werbeplattform für Ärzte dient. Dieses Geschäftsmodell benachteilige sie bei der Ausübung ihres Berufes. Denn das Portal bietet Ärzten auf Wunsch kostenpflichtige Pakete an. Je nach Monatsbeitrag können sie ein Foto nebst ausführlicher Eigenwerbung in ihr Profil einstellen. Bei Ärzten, die nicht zahlen, sind nur die Basisdaten wie Adresse und Fachrichtung zu sehen.
Was ist daran schlimm?
Aus Sicht der Klägerin führt das zu Intransparenz und Ungleichbehandlung. Sie, die kein zahlender Kunde von Jameda ist, muss auf ihrem Jameda-Profil Werbeanzeigen anderer, zahlender Ärzte dulden. Zahlende Ärzte sind auf ihrem Profil hingegen vor Hinweisen auf die Konkurrenz geschützt - unfair, sagt die Dermatologin.
Was meint Jameda dazu?
Das Portal betont seine Neutralität bei den Bewertungen. Außerdem sei die Werbung der Premiumkunden klar als solche gekennzeichnet. Sollte das Gericht dennoch das Geschäftsmodell beanstanden, werde man die Anzeigen entsprechend der BGH-Vorgaben ändern. „Danach müsste die Ärztin aber damit leben, dass sie wieder bei Jameda auftaucht.“
Wie könnte das Ganze ausgehen?
Die Richter klangen bei der Verhandlung Ende Januar nachdenklich. Dass Jameda Werbung von Konkurrenten auf den Profilen zahlender Ärzte ausblendet, auf dem Profil nicht zahlender Mediziner aber zulässt, schien dem Senat als Argument für Neutralität und Transparenz nicht sofort einzuleuchten. Das Urteil könnte weitreichende Folgen haben: Sollte die Ärztin mit ihrem Löschantrag durchkommen, könnten weitere Mediziner ihr folgen. Wenn der BGH eine Änderung der Werbegestaltung verlangt, müssten wohl auch andere Portale ihr Geschäftsmodell überdenken.