Berlin (dpa)
Schon die Vorgängerregierung hat Terminservicestellen beschlossen - gegen den Widerstand der Ärzte. Es läuft aber wohl immer noch nicht optimal. Nun nimmt Gesundheitsminister Spahn einen neuen Anlauf.
Gesetzlich Versicherte sollen für die von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geplante Leistungsverbesserung keine höheren Beiträge zahlen müssen. Spahn will die ärztliche Versorgung von Kassenpatienten in den kommenden Jahren durch gesetzliche Maßnahmen schneller und besser machen. Wie es am Montag in Berlin im Gesundheitsministerium hieß, sollen die Verbesserungen die gesetzlichen Kassen zwischen 500 Millionen und 600 Millionen Euro kosten. Hinzu sollen später noch weitere 600 Millionen Euro für die Anhebung des Zuschusses für Zahnersatz von 50 auf 60 Prozent kommen.
Spahn stellte am Montag seinen Gesetzentwurf vor, der an diesem Dienstag den anderen Ressorts zugehen soll. Nach dem Entwurf sollen niedergelassene Ärzte verpflichtet werden, ihr Mindestangebot an Sprechstunden von 20 auf 25 Stunden pro Woche anzuheben. Bestimmte Arztgruppen wie Haus- und Kinderärzte oder Frauenärzte und HNO-Ärzte, die für die wohnortnahe Versorgung wichtig sind, sollen demnach mindestens fünf Stunden in der Woche offene Sprechstunden ohne Terminvereinbarung anbieten.
Um mehr Ärzte aufs Land zu bekommen, sollen diese obligatorisch regionale Zuschläge erhalten. Bisher war dies freiwillig. Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) werden nach den Plänen Spahns zudem verpflichtet, in unterversorgten Gebieten eigene Praxen oder Versorgungsalternativen wie Patientenbusse, mobile Praxen oder digitale Sprechstunden bereitzuhalten.
Zudem sollen die Terminservicestellen zu «Servicestellen für ambulante Versorgung und Notfälle» weiterentwickelt werden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen dazu auch ein online- oder App-Angebot anbieten. Die Servicestellen sollen bundesweit eine einheitliche Notrufnummer 116117 bekommen und täglich rund um die Uhr erreichbar sein. Die Telefonnummer müsse in das künftige System der gemeinsamen Notfallleistungen integriert und später mit der 112 zusammengelegt werden. Davon erhoffen sich insbesondere die niedergelassenen Ärzte eine bessere Patientensteuerung und die Notfallärzte in den Krankenhausambulanzen eine Entlastung.
Um Anreize für eine bessere Versorgung der Patienten zu bieten, soll es für bestimmte Leistungen Extravergütungen geben - etwa für die Vermittlung eines Facharzttermines durch den Hausarzt, für die Behandlung von Patienten, die durch eine Servicestelle vermittelt wurden, oder von neuen Patienten. Grundsätzlich gehe es darum, Mehrarbeit für den Patienten gezielt zu fördern.
Die Krankenkassen müssen ihren Versicherten spätestens 2021 eine elektronische Patientenakte (ePA) zur Verfügung stellen und dies auch für Handy oder Tablet. Einige Kassen sind hier schon vorangegangen. Der Marburger Bund pocht auf Einhaltung des Datenschutzes. Eine Weitergabe von Patientendaten an Krankenkassen, Arbeitgeber und andere Dritte müsse ausgeschlossen sein, fordert der Ärzteverband in einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Positionspapier.
Der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, sagte der „Ärzte Zeitung“ (Montag), das Problem des steigenden Behandlungsbedarfs lasse sich nicht durch mehr offene Sprechstunden lösen. „Dafür braucht es schlichtweg mehr Hausärztinnen und Hausärzte.“
Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung, Johann-Magnus von Stackelberg, unterstrich, die gesetzliche Krankenversicherung bezahle schon heute im Gesamtdurchschnitt pro Jahr über 380 000 Euro Honorar an jede Arztpraxis. „Vor diesem Hintergrund sind wir enttäuscht, dass beispielsweise für diejenigen Ärzte, die Patienten über die Terminservicestellen annehmen oder einen Termin beim Facharztkollegen vermitteln, den Beitragszahlern zusätzliche Kosten in Rechnung gestellt werden sollen.“