Berlin (dpa)
Ein komplizierter Streit um Abrechnungen zwischen Krankenhäusern und Kassen hat sich hochgeschaukelt. Nun geht es um Deeskalation, damit Kliniken und die Patientenversorgung nicht akute Probleme bekommen.
Angesichts einer bundesweiten Klagewelle von Krankenkassen gegen Kliniken bemühen sich Bund und Länder um Auswege, um finanzielle Schwierigkeiten für Krankenhäuser zu vermeiden. „Wir laden alle Beteiligten in der kommenden Woche zu Gesprächen ein“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) dem „Tagesspiegel“ (Samstag). „Eine Klagewelle hilft am Ende niemandem, insbesondere den Patienten nicht.“ Die gesetzlichen Krankenkassen und die Krankenhausbranche signalisierten Dialogbereitschaft.
Es geht um möglicherweise falsch berechnete Behandlungskosten, die Kassen nun vorsorglich per Klage zurückfordern. Hintergrund ist, dass der Bundestag Anfang November beschlossen hatte, die Verjährungsfrist von vier auf zwei Jahre zu verkürzen. Daraufhin reichten Kassen kurzfristig tausende Klagen bei Sozialgerichten ein. Allein in Niedersachsen waren es rund 10 000, in Rheinland-Pfalz mehr als 15 000 Klagen. Die Gesamtzahl will der Bund nun klären lassen, wie Gesundheits-Staatssekretärin Sabine Weiss (CDU) im Bundesrat sagte.
Die Kassen seien weiterhin bereit, die Fälle im konstruktiven Dialog zu klären, sagte der Vize-Vorstandschef des GKV-Spitzenverbands, Johann-Magnus von Stackelberg, der Deutschen Presse-Agentur. Dies gehe auch, ohne die Gerichte abzuwarten. Der Verband der Ersatzkassen bot an, die in wenigen Fällen bei wenigen Krankenhäusern erhobenen Klagen ruhend zu stellen. Dies solle zur Versachlichung beitragen, heißt es in einem Schreiben an Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU).
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft begrüßte es, die Konfrontation nun aufzubrechen. „Wir sind selbstverständlich bereit, konstruktiv nach einer Lösung zu suchen“, sagte Präsident Gerald Gaß. Für die Krankenhäuser sei die derzeitige Situation „durch Unsicherheit und Angst um die Liquidität geprägt“.
Der GKV-Spitzenverband verteidigte zugleich das Vorgehen. „Durch die rückwirkende Verkürzung der Beanstandungsfrist von Abrechnungen für die gesetzlichen Krankenkassen waren diese gezwungen, schnell noch vor dem Inkrafttreten dieser Neuregelung Klagen einzureichen, um die Ansprüche der Krankenkassen und damit der Beitragszahler nicht zu verlieren“, sagte von Stackelberg.
Durch die „Hau-Ruck-Aktion der Bundesregierung“ gebe es nun zahlreiche Probleme und Schwierigkeiten vor Ort. Deshalb begrüße er Initiativen aus den Ländern, bei regionalen Runden Tischen nach Lösungen zu suchen, wie aus der schwierigen Rechtslage das Beste gemacht werden könne, sagte von Stackelberg.
Der Bundesrat forderte den Bund zu Lösungen auf. Die Klagen könnten Krankenhäuser akut in Belastungssituationen bringen, die „in Einzelfällen regional die Versorgungssicherheit zu gefährden drohen“, heißt es in einem von Niedersachsen eingebrachten Antrag.