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Abwimmeln und vergraulen: Das «selektive Marketing» der Krankenkassen

Im Kampf um "gute" Versicherte vergessen manche Krankenkassen schon mal die Spielregeln: Sie betreiben gesetzeswidrig Rosinenpickerei, buhlen im Konkurrenzkampf um junge, gesunde Gutverdiener und versuchen, Alte und chronisch Kranke zu vergraulen.

Berlin (dpa)

Im Kampf um "gute" Versicherte vergessen manche Krankenkassen schon mal die Spielregeln: Sie betreiben gesetzeswidrig Rosinenpickerei, buhlen im Konkurrenzkampf um junge, gesunde Gutverdiener und versuchen, Alte und chronisch Kranke zu vergraulen.

Maximilian Gaßner spricht unverblümt Klartext: "Solche Verhaltensweisen sind vollkommen inakzeptabel, da sie gegen das Diskriminierungsverbot und das Solidaritätsprinzip verstoßen.» Was der Präsident des Bundesversicherungsamtes (BVA) kritisiert, sind Praktiken, die man bei den Gesetzlichen Krankenkassen zuallerletzt vermuten würde - Risikoselektion nach dem Motto: Die guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen.

Mit den "Guten" sind Versicherte gemeint, die gesund sind und ein gutes Einkommen haben, die, die Krankenkasse nichts oder wenig kosten, umgekehrt aber ihnen hohe Beitragseinnahmen bescheren. Zu den "Schlechten" zählen dagegen vor allem chronisch Kranke, Arme und Alte: Sie bringen meist wenig, schlagen aber mit hohen Ausgaben zu Buche.

Manche Kasse würde diese Kunden am liebsten loswerden: durch Abwimmeln und Vergraulen. Versuche dazu gab es, wie das BVA in seinem jüngsten Prüfbericht feststellt. Es kritisiert die systematische "Risikoselektion" bei der Anwerbung von Versicherten. Dass es "zielgruppenspezifische Werbeaktivitäten" für eine "ausgewogene Versichertenstruktur" gibt, daraus wird in der Branche kein Hehl gemacht. Risikoselektion ist gemeinhin das Merkmal der privaten Krankenversicherung.

Ein solches Gebaren steht jedenfalls in eklatantem Widerspruch zu den Grundprinzipien der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Die zeichnet sich aus durch den solidarischen Ausgleich zwischen Alten und Jungen, zwischen Gesunden und Kranken und zwischen Gutverdienern und Geringverdienern. Dies soll dafür sorgen, dass nicht nur Menschen mit dicker Brieftasche eine gute medizinische Behandlung bekommen. So weit die Theorie.

Doch die Praxis sieht anders aus. Die Kassen stehen im Wettbewerb - und seit Anfang 2009 ist ihnen die Beitragsautonomie genommen. Sie dürfen seither den Beitragssatz nicht mehr selbst festlegen, sondern müssen den von der Politik vorgegebenen Einheitsbeitrag verlangen.

Der liegt derzeit bei 15,5 Prozent des Bruttoeinkommens. Damit ist der Kampf um Neumitglieder noch härter geworden. Das erklärt auch das massive Buhlen um die jungen gesunden Gutverdiener - sofern die nicht schon zu den Privatkassen abgewandert sind.

Eine Unwucht im System stellt nach Ansicht von Experten auch der interne Finanzausgleich der Kassen dar: Der sei unzureichend, zwinge die Kassen geradezu zur Risikoselektion. Dabei soll gerade der sogenannte Risikostrukturausgleich dafür sorgen, dass besonders belastete Kassen mit vielen Alten und Kranken und den dadurch bedingten Mehrausgaben nicht ins Hintertreffen geraten.

"Der Risikostrukturausgleich überweist den Kassen für Kranke zu wenig, für Gesunde zu viel", sagt der Linken-Gesundheitspolitiker Harald Weinberg. "Die lukrativen Versicherten werden umworben, Alte und Kranke versucht man an andere Kassen loszuwerden - sei es mit legalen, halblegalen oder nicht-legalen Mitteln." Insgesamt werden im Risikostrukturausgleich 80 Krankheiten berücksichtigt: "Willkürlich und nicht zielgerecht", weil zu wenige, befindet die Grünen-Gesundheitsexpertin Biggi Bender.

Finanziell ist die GKV derzeit in guter Verfassung. Dank des anhaltenden Beschäftigungsbooms und dadurch bedingter Beitragsschwemme sitzen gesetzlichen Kassen und der Gesundheitsfonds als Beitragssammel- und Geldverteilstelle auf einem dicken Finanzpolster: Es betrug Ende 2012 immerhin 28,3 Milliarden Euro. Doch die Reserven schmilzen schon wieder, wenn auch langsam.

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